Columbo

Der Inspector schaut uns über die Schulter, er kennt auch die Tricks der KI. Die Kolumne „Times mager“.
Es sitzt uns im Nacken, ungeduldig schaut es uns über die Schulter, während wir durchs Internet browsen. Wir wissen, was es von uns will. Das Misstrauen verfolgt jeden Klick. Schuld an dieser Geiselnahme ist die KI, was sonst, und ihre andauernd neu fabrizierten Fakes. Ein fancy Papst im coolen weißen Daunenmantel – Fake! (Schade, tragen könnte er’s.) Trump, der in einem Gerangel festgenommen und abgeführt wird – Fake! (Verdammt schade.) Angela Merkel bei einer Rede im Schwarzwald – Fake! Egal, was auf dem Bildschirm aufploppt, unser Misstrauen ist kurz vorm Durchdrehen.
Es sind ja auch keine leichten Zeiten für kritische Menschen. Nichts und niemandem kann man mehr trauen, seit die Konkurrenzintelligenz ihr Unwesen treibt. Man scrollt hoch und runter, fährt mit der virtuellen Lupe über jeden Pixel, zoomt ran, zoomt raus. Irgendwo ist dieser verdammte Fehler, der den Betrug auffliegen lässt. Der fehlende Finger, das dritte Ohr, der falsche Schatten. Das verräterische kleine Etwas, das die Lüge entlarvt. Gut, wie würde Columbo vorgehen? Er würde – die Zigarre in der einen Hand brutzelt, die andere führt er nachdenklich an die Stirn – sagen: „Eine Frage hätte ich da noch …“ Ja, bitte, Herr Inspector? „Was meinen Sie mit Lüge?“
Ja, was meint man mit Lüge? Hat denn das Bild vom Daunenjacken-Papst je etwas anderes von sich behauptet, als ein Fake zu sein? Hat es so getan, als wäre es echt? Ein 31-jähriger, Zauberpilze konsumierender Bauarbeiter aus dem Großraum Chicago soll das Bild gepromptet und damit in die Welt gesetzt haben. Er habe es einfach witzig gefunden, sagte er den US-amerikanischen Medien. Er mache öfters psychedelische Kunst. Aha, also: Es ist Kunst! Wahrhaftige Kunst.
„Zeigen Sie mal her … Das ist also mit Ölfarbe gemalt?“ Columbo hat die Hand unter den Trenchcoat geschoben, stemmt sie in die Hüfte. Er kneift die Augen zu, so weit es geht. Nein, Sir, das ist von einem Algorithmus generiert. „Ah ja, das erkennt man sofort. Das ist ein Fake.“ Wie bitte? „Ein Fake. Keine Kunst. Zumindest nicht nach dem amerikanischen Gesetz.“
Gerade hat das Copyright Office der USA Werke begutachtet, die mit der KI generiert wurden. Und nachdem es Menschen eine Urheberschaft an Werken abgesprochen hatte, die von der Natur, Tieren oder Pflanzen geschaffen wurden, war es nur logisch, auch maschinengeschaffene Werke so zu bewerten. Es sei denn, der Mensch hat eine besonders kreative Co-Leistung erbracht. Wie können Sie wissen, Herr Inspector, dass das hier nicht der Fall ist? Columbo zieht an der Zigarre und lässt sich umständlich auf den Fahrersitz seines alten Peugeot plumpsen. „Wer hat denn hier von Wissen gesprochen?“