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2047

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Von: Thomas Stillbauer

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Wahr? Falsch? Alternative Fakten? "Die ganze Menschheit soll im Jahr 2047 wegen extremer Sonnenaktivität vernichtet werden", meldet eine russische Internetseite.

Es wird zu viel abgelebt auf der Welt, da sind wir uns sicher einig. Aber auf uns hört ja keiner. In der Nachbarschaft, im Showgeschäft, in allen Ländern der Erde (außer Taka-Tuka- und Nimmerland) scheiden die Leute dahin, als gäbe es kein Morgen. Amerikanische Wissenschaftler behaupten seit Jahren: Wir werden alle sterben. Was in dieser Rigorosität weit hergeholt erscheint, aber jetzt legen sie Beweise vor – jetzt präzisieren sie (oder die Russen): in 30 Jahren.

„Die ganze Menschheit soll im Jahr 2047 wegen extremer Sonnenaktivität vernichtet werden“, meldet die für ihre Objektivität berühmte Internetseite Russia Today International, und sie nennt auch ganz transparent ihre Quellen: „Eine Gruppe US-amerikanischer Astrophysiker“ habe die Fakten ermittelt, wie das „Portal Rosbalt“ berichte.

Demnach besteht die erwähnte extreme Sonnenaktivität darin, „dass die Aktivität der Sonne in der letzten Zeit immer niedriger wurde“. Das führe über gewisse Faktoren (Heliosphäre) zur Apokalypse und zum Heimgang alles Lebendigen, heißt es in der angenehm knapp gehaltenen Meldung weiter. Untendrunter dann die Rubrik „Auch interessant“ mit Beiträgen wie „Unglaublich, was diese Taschenlampe kann“ oder auch „Männer: Gut aussehen, ganz ohne Stress. So geht’s!“

Ja, das wäre was, entspannte Attraktivität, wenigstens für die letzten 30 Jahre. Vor allem in einer Woche, da neue Porträtfotos vom gesamten Zeitungspersonal geschossen werden – eine Stresssituation, in der manche lieber tot wären. Doch finden sich immer wieder mal Gelegenheiten, ganz zwanglos schon vor 2047 oder der Ankunft des Fotografen den Geist aufzugeben. Wenn etwa der Rauchmelder piept, weil er eine neue Batterie will, jenes Warngerät, das uns vor dem Tod durch Feuersbrunst bewahren soll und am höchsten Punkt der Wohnung angebracht ist, unterm Spitzgiebel, den nur erreicht, wer den Stuhl auf die Truhe stellt, den Hocker auf den Stuhl. Und dazu die hochhackigen Schuhe.

Unterwegs ins Krankenhaus kann ich anschließend selbst entscheiden: noch auf einen Sprung in den OP – oder lieber gleich zum „Direktbestatter“, der vor einigen Jahren den Betrieb schräg gegenüber dem Hospital aufgenommen hat, und den Löffel ohne Umweg abgeben. Die Frage lautet ja heute immer öfter: Lohnt sich das für die paar Jahre?

Im November warnte das erwähnte Portal Rosbalt übrigens bereits vor weiterem Ungemach: Ein gefährlicher Zwergstern nähere sich unserem Sonnensystem, in eineinhalb Millionen Jahren sei er hier. Gegen drohende Porträtfotos hilft der also nicht.

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