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Zarah-Leander-Abend in Frankfurt: Jedes Lied ein Drama

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Von: Stefan Michalzik

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Diva und Combo in der Taverna Omikron. Foto: Wolfgang Fuhrmannek
Diva und Combo in der Taverna Omikron. Foto: Wolfgang Fuhrmannek © Wolfgang Fuhrmannek

Dzuna Kalnina ist die Diva beim keineswegs nostalgischen Zarah-Leander-Abend der Kammeroper. Von Stefan Michalzik

Die Taverna Omikron im Frankfurter Stadtteil Bockenheim, in der die Frankfurter Kammeroper den musikalisch-szenischen Abend „Zarah und die Geister“ aufführt, weckt als Spielort Erinnerungen an die Ära der schummrigen Kellerbühnen – wo leider, wer zu spät kommt, mit einer eingeschränkten Sicht bestraft wird. Abschrecken lassen sollte man sich davon nicht, denn es handelt sich um – so viel Paradoxon muss sein – eine ausgesprochen sehenswerte Angelegenheit. An Verehrerinnen und Verehrern hat es Zarah Leander auch im Westdeutschland der Nachkriegsjahrzehnte bis zu ihrem Tod 1981 nicht gemangelt, bis in die Reihen der 68er hinein – ungeachtet ihrer fragwürdigen Rolle als Vorzeigestar der Ufa in der Zeit des Nationalsozialismus.

Die großen Lieder aus ihrem Repertoire sind alle zu hören, auf eine nostalgische Wärme aber baut das von Kammeroper-Gründer Rainer Pudenz inszenierte Stück des Dramaturgen Bert Bresgen nicht, auch wenn der Schauspieler Philipp Hunscha in der Rolle des Erzählers eine Schiebermütze trägt und die Frisur der Sängerin Dzuna Kalnina an die Mode der Zeit angelehnt ist. Hier wird entlang der Biografie und der Karriere erzählt; Harald Mathes steht für die O-Töne.

Karriere unterm Hakenkreuz

Viele Stars der deutschen Unterhaltungskultur sind emigriert – Zarah Leander hingegen kam 1937 nach Berlin. Sie hatte sich für eine Karriere unter dem Hakenkreuz entschieden und wurde zum bestbezahlten Star im Land. Und das obwohl sie ganz und gar nicht ins nationalsozialistische Frauenbild passte mit ihren roten Haaren, der außergewöhnlich tiefen Stimme sowie der Verkörperung eines fortschrittlichen Konzepts weiblicher Selbstbestimmtheit.

Ausgezeichnet alles an diesem Abend, angefangen bei den wirkungsvoll kargen Arrangements mit Stanislav Rosenberg am E-Piano und Tobias Rüger am Tenorsaxofon. Von letzterem stammen gelegentliche Störfeuer im Geiste des Free Jazz, die einen erheblichen Anteil am musikalischen Gepräge haben. Dzuna Kalnina ist eine Diva von eigenem Recht, mit einer wohlabgewogen kabarettistisch unterminierten Grandezza. Gleich der Leander macht sie aus jedem der Lieder ein kleines Drama, aber in ihrer eigenen Interpretation. Es gibt milde Anklänge an die Vortragsweise der Leander, ist aber weder eine Imitation noch eine Parodie.

Reue hat Zarah Leander nie gezeigt. Zwei Autobiografien hat sie veröffentlicht – hier wie auch in Interviews ließ die „politische Idiotin“, wie sie sich selbst einmal bezeichnete, viele Dinge im Dunkeln. Eine Spionin für die Sowjetunion, wie verschiedentlich kolportiert, dürfte sie wohl eher nicht gewesen sein, doch wie stand sie wirklich zu den Nazis?

Interessante Perspektiven immer wieder am Rande. Marlene Dietrich gilt – zu Recht – als die Unangepasste. Zarah Leander indes war es, die mit Falten und „wuchtbrummenhaft“ würdig alterte – während Dietrich sich dem Körperideal Hollywoods anpasste und die Dienste von Schönheitschirurgen in Anspruch nahm.

Kammeroper Frankfurt in der Taverna Omikron, Schloßstr. 24: 2., 7.-9., 13.-15. März. www.kammeroper-frankfurt.de

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