Theater: „Wir möchten wieder für die Stadtgesellschaft da sein!“

Für die Wiedereröffnung, für eine mittelfristige Perspektive: Theaterintendanten appellieren an Kanzlerin Merkel.
Die großen deutschen Theater fordern in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass ihre Häuser wieder öffnen dürfen. Seit Beginn der Corona-Krise sind die Spielstätten geschlossen. „Wir möchten die Theater wieder aufmachen dürfen, wir möchten arbeiten und spielen und wieder für die Stadtgesellschaft da sein! Und hoffen hierbei auf Ihre Unterstützung“, fordern die Theatermacher in dem Schreiben.
Der Brief, der im Namen der weiteren Unterzeichnenden von Thalia-Intendant Joachim Lux unterschrieben ist, richtet sich an Merkel sowie die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters. Die momentane Zeit werde beherrscht „von der Sorge und gelegentlichen Verzweiflung, ob das Virus uns künstlerisch die Existenzgrundlage entzieht – ganz unabhängig von ideeller oder materieller Zuwendung durch die Politik“, heißt es in dem Brief. „Werden physische Begegnung und künstlerisches Erlebnis, wird Gemeinschaft in absehbarer Zeit überhaupt denkbar sein?“
Die Theaterintendanten danken ausdrücklich der Politik. Es sei von nicht unterschätzender Wirkung gewesen, dass „Sie sich als Bundeskanzlerin am 9. Mai in Ihrem Podcast ‚Kulturlandschaft retten hat Priorität‘ unseren Belangen gewidmet haben. Das war für viele Künstlerinnen und Künstler und auch für uns Theaterleute sehr wichtig. Das hat uns sehr gutgetan! Dafür möchten wir uns ausdrücklich bei Ihnen bedanken!“ Die Unterzeichner betonen aber auch, dass sie die Worte Merkels und anderer Politiker nicht als Kondolenzbriefe verstanden haben wollen, sondern „als Zeichen für die Bereitschaft, der Kultur über kurzfristige Hilfsprogramme hinaus auch mittelfristig und vor allem strukturell eine Perspektive zu geben“.
Dazu macht der Brief konkrete Vorschläge. Die Vertreter der Theaterhäuser betonen, man müsse als Folge der Corona-Krise mit Sparhaushalten und massiv einbrechenden Steuereinnahmen rechnen, insbesondere in den Kommunen. „Der Reflex, auf kommunaler Ebene ineffizient, aber symbolisch wirksam bei Kultur und Kunst zu sparen, ist traditionell hoch und ökonomisch nicht zielführend. Wie kann man verhindern, dass die Kommunen in ihrer Not die Institutionen kaputtsparen (müssen)?“, fragen die Unterzeichnenden des offenen Briefs. „Wir gehen davon aus, dass der Erhalt der Kultur – trotz föderaler Strukturen – in den nächsten drei/vier Jahren ohne zusätzliche Bundesmittel kaum vorstellbar ist.“
Kommunen verpflichten
Die Idee der Unterzeichner ist, Bundeshilfen für die Kommunen nach dem „bereits existierenden und bewährten Modell komplementärer Finanzierung zu gestalten. Demnach würde der Bund bei bestehenden Fehlbedarfen wie beim ‚Matching Funding‘ einen bestimmten Prozentsatz geben und die Kommunen und/oder die Länder wären verpflichtet, einen sie nicht überfordernden Rest selbst aufzubringen.“ Zumindest aber sollen sich Kommunen und Länder verpflichten, nicht bei der Kultur zu sparen. Dies gelte ausdrücklich nicht nur für die (unterzeichnenden) großen Theater, sondern auch für kleine Spielstätten.
Zudem, so lautet eine weitere Forderung, müssen Einzelkünstlerinnen und -künstler (die sogenannten Soloselbstständigen) noch mehr als bislang finanziell zu unterstützen. „Wir möchten uns sehr entschieden für diese Berufsgruppe einsetzen, die uns in der Arbeit sehr nahesteht und die für unsere demokratische Gesellschaft von großer Bedeutung ist. Der Erhalt ihrer Existenz ist für uns alle lebensnotwendig.“
Den Brief haben neben Joachim Lux vom Thalia Theater in Hamburg unter anderem die Intendanten und Schauspieldirektoren des Berliner Ensembles, des Schauspielhauses Bochums, des Schauspiels Leipzig, der Schaubühne Berlin, des Schauspielhauses München, der Münchner Kammerspiele, des Schauspielhauses Dresden, des Staatsschauspiels Hannover und des Düsseldorfer Schauspielhauses unterzeichnet.