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„Il trittico“: Und dann das Glück

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Von: Judith von Sternburg

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„Suor Angelica“, in Wiesbaden direkt unter den Augen des Herrn Jesu.
„Suor Angelica“, in Wiesbaden direkt unter den Augen des Herrn Jesu. © Karl und Monika Forster

Giacomo Puccinis geniales Werk „Il trittico“ im Stream des Wiesbadener Staatstheaters.

Durch Giacomo Puccinis „Il trittico“ zieht sich eine überwältigende Gesamtdramaturgie. Sie wird sehr unzureichend beschrieben, wenn man die großen Gesellschafts- und Opernthemen Gewalt, Liebe, Kirche nennt und sagt, dass Mordswut, Demut und Frechheit Reaktionsvarianten auf die Zumutungen und Herausforderungen sind, denen Menschen ausgesetzt werden.

Der kurze Weg von der Tragödie zur Komödie ist hinlänglich bekannt. Hier findet das seinen hinreißenden Ausdruck unter anderem darin, dass der Mörder Michele in „Il tabarro“ und das Schlitzohr Schicchi in „Gianni Schicchi“ vom selben Sänger gesungen werden können. Daniel Luis de Vicente ist es in Wiesbaden, mit sehr gut sitzendem Bariton und einem Spiel, das in Michele die Sanftheit und in Schicchi die Gewalt ahnen lässt. Romina Boscolo, der unbarmherzigen Fürstin aus „Suor Angelica“ im „Schicchi“ als munterer Matriarchin wiederzubegegnen, ist eine Erleichterung. Selbst Angelica selbst lebt und beschert Olesya Golovneva nach Giorgetta im „Mantel“ noch einen dritten Auftritt als Lauretta im „Schicchi“. Es ist, als wäre die Zeit zurückgedreht worden in eine andere, glückliche Jugend und hin zu einem Happyend, denn der Tenor ist – nach dem Pechvogel Luigi, Aaron Cawley – nun der großartige Ioan Hotea. Ein rührender Moment, Golovneva im Glück zu sehen, auch wenn sie als Angelica – das melancholische Timbre in Stimme und Darstellung – am stärksten beeindruckt. Hoteas Stimme hat nicht nur erneut Flügel, er zeigt sich auch als genießerischer Komödiant. Das hat allerdings auch damit zu tun, dass zumindest im Streaming das rasant Komische des „Schicchi“ sich insgesamt mäßig turbulent entfaltet.

Alexander Joel dirigiert das Orchester und die – natürlich unsichtbaren – Chöre in einer schlanken, jedenfalls nicht rauschhaften Lesart. Es passt zu der in Gisbert Jäkels Bildern und Jessica Karges Kostümen schön aussehenden, verhaltenen Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg. Während das im ersten und dritten Teil ganz gut geht, entgleist der mittlere, „Suor Angelica“, kräftig in den Kitsch.

Im Boden versinken

Zunächst mit – Brutalität der häufigen Nahaufnahmen – den teils frömmlerischen, teils wachpersonalmäßig missmutigen Nonnen, nachher mit einem unechten Lamm und einem echten Esel, schließlich mit einer staunenswerten Schlussvolte. Der lebensechte Jesus am Kreuz, der das Bühnenbild prägt, erscheint der sterbenden Angelica leibhaftig, an der Hand bringt er ihren toten Sohn herbei. Angelica versinkt unterdessen im Bühnenboden, was an dieser Stelle ohnehin allzu begreiflich wäre, hier aber offenbar als Teil eines katholischen Wundervorgangs zu verstehen ist. Es ist nicht leichtsinnig dahingesagt, dass Angelica – wenn es schon sein muss – ausschließlich die Madonna hätte erscheinen dürfen.

Staatstheater Wiesbaden: Video- Termine bis 25., 27., 29. Mai. Tickets via www.staatstheater-wiesbaden.de

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