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Dresden Frankfurt Dance Company
Die Artistik des Pulks
- vonSylvia Staudeschließen
Jacopo Godani zeigt im Bockenheimer Depot in Frankfurt einen emsigen, temporeichen dreiteiligen Ballettabend.
Die meisten, mit denen man über das Nachfolge-Ensemble der ehemaligen Forsythe-Company spricht, sagen „diese Dings-Kompanie“, denn der Name Dresden Frankfurt Dance Company ist eine den Geldgebern geschuldete Sperrig- und Hässlichkeit. Aber auch als „Dings“ sind der Choreograf Jacopo Godani und seine feinen Tänzerinnen und Tänzer angekommen bei ihrem Publikum, das nun enthusiastisch auf den jüngsten, dreiteiligen Abend im Bockenheimer Depot reagierte. Zum ersten Mal arbeitete Godani mit dem Ensemble Modern zusammen, auf einer Tribüne im Hintergrund des schlichten schwarzen Bühnenkastens spielten Megumi Kasakawa, Viola, Michael M. Kasper, Violoncello, Jagdish Mistry und Diego Ramos Rodriguez, Violine, das Streichquartett Nr. 4 von Béla Bartók.
Dessen Schroff-, Rau- und Fahlheiten, dessen energisch-rabiate Schübe greift Godani auf in „Metamorphers“, einer immer wieder nach vorn brandenden Ensemble-Choreografie. In Socken und lässigen Trainingsklamotten (Bühne, Licht, Kostüme für alle Stücke: Godani) werden die Tänzer zu einem vielgliedrigen Körper. Der hat seine Ecken und Kanten, Beine stechen in die Luft, Ellbogen fahren aus. Abrupte Stops werden eingelegt, aber nur für Sekunden. Der Choreograf, lange Jahre Ensemblemitglied bei William Forsythe, hat sich von dessen oft auch tastenden Verschraubungen gelöst, setzt stattdessen auf Furor und Artistik. Fast nie nimmt er das Tempo zurück; manchmal wünscht man sich als Betrachter einen stillen, elegischen Moment im Hochdruck-Wirbel. Besonders, da hier und da originelle Bewegungs-Preziosen herausstechen, aber eben nur für Augenblicke.
Das zweite Stück des Abends, betitelt „Echoes From a Restless Soul“, wird von zwei Paaren getragen. Versonnener nun auch die Musik, „Ondine“ und „Le Gibet“ von Maurice Ravel, es spielt ebenfalls live der Pianist Ruslan Bezbrozh. Die Männer tragen Goldhöschen, die Frauen Goldleibchen, alles wirkt ein bisschen edler. Allerdings wird auch in den Pas de deux und Quartetten nicht geruht und gerastet, die Hebefiguren und Verschlingungen sind vielfältig und schon deswegen scharf gezeichnet, weil die beiden Frauen Spitzenschuhe tragen.
Den großen, vehementen Ensemble-Auftritt zu grollender, pochender elektronischer Musik (von 48Nord alias Ulrich Müller und Siegfried Rössert) gibt es zum Schluss; auch da tragen die Frauen Spitzenschuhe.
„Moto Perpetuo“ nennt Godani dieses rund 25-minütige Stück – und das könnte eigentlich über allen seinen Choreografien stehen. Er setzt gern auf Überwältigung und Power-Tanz, auf das Staunen, das eine einheitlich und mitreißend bewegte Truppe auslöst. Bei „Moto Perpetuo“ fädeln sich Reihen schnell ineinander, verschieben sich Sequenzen um ein Taktchen von Körper zu Körper, betonen die nun knappen, teils durchsichtigen schwarzen Bodies die Geometrie des Pulks. Die Musik treibt das Geschehen ungebrochener voran, als dies bei Bartók der Fall ist. In der Folge ist „Moto Perpetuo“ auch das geradliniger auf Schaueffekte setzende Stück.
Jacopo Godani scheint sich mittlerweile ganz festgelegt zu haben, welche Art von Tanz er mit seiner Dresden Frankfurt Dance Company zeigen will: Nämlich eine rastlose Mechanik als Abfolge halsbrecherischer, oft neoklassischer Figuren. Weder das Erzählen von Geschichten noch die Zeichnung unterschiedlicher Charaktere sind sein Ding. Das ist auch in Ordnung, könnte sich freilich irgendwann nicht totlaufen, sondern totrennen.
Dresden Frankfurt Dance Company im Bockenheimer Depot, Frankfurt: 18., 19., 20. November. www.dresdenfrankfurtdancecompany.de