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Arme als Flügel: „Premonitions of a Larger Plan“

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Von: Katja Sturm

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Gitarristin Hannelore Vander Elst.
Gitarristin Hannelore Vander Elst. © Dominik Mentzos

Die Dresden Frankfurt Dance Company ist mit drei Soloinstrumentalisten im Bockenheimer Depot zu Gast.

Die Wellen umspielen den Körper der am Boden liegenden Tänzerin. Sie hüllen ihn ein, doch sie berühren ihn nicht. Das Wasser ist an diesem Abend nur eine Projektion. Aber diese sorgt für betörende Bilder.

Jacopo Godani, der Künstlerische Direktor und Chefchoreograf der Dresden Frankfurt Dance Company, hat schon vor einiger Zeit sein Faible dafür entdeckt, Musiker zusammen mit den Mitgliedern seiner Truppe auf die Bühne zu holen. Nach Kooperationen mit dem Ensemble Modern und dem hr-Sinfonieorchester sind es bei der Premiere von „Premonitions of a Larger Plan“ am Freitagabend im Bockenheimer Depot drei junge Soloinstrumentalisten, die insgesamt neun Lieblingsstücke sehr unterschiedlicher Komponisten, vom Ungarn Zoltán Kodály über den Italiener Luciano Berio bis zum Kubaner Leo Brouwer, inmitten der Bewegungskünstler interpretieren.

Ziellos hin und her

Anfangs fremdelt man noch ein bisschen, entwickelt sich kein wirkliches Zusammenspiel. Matthew James Higham wird von Tänzern ziellos hin und her geleitet, während er seine Flöte zum Klingen bringt, die Gitarristin Hannelore Vander Elst und der Cellist Petar Pejcic sitzen einfach auf einem Stuhl im Zentrum, und es wird ihnen nur manches Mal über die Schulter geschaut. Die Begnadeten miteinander in Verbindung bringen, damit sie sich gegenseitig inspirieren, ist eine Intention des etwa 80 Minuten langen Werks. Es dauert eine Weile, bis das erkennbar wird. Aus Probensituationen heraus lösen sich Duos und Trios aus der Tänzerformation, während die anderen nach und nach verschwinden. Die Bewegungen erinnern an die von Vögeln. Begleitet erst mal von deren Stimmen aus dem Hintergrund, werden Arme zu Flügeln, mal rastend mit gebeugten Ellbogen und angelegten Händen, mal weit zur Seite ausgebreitet.

Oberkörper tauchen ab, um sich mit den Extremitäten der Partner zu verschachteln. Köpfe und Hälse recken sich aus Lücken. Wie Muskeln, die erst warm werden müssen, um ihre volle Fähigkeit zu entfalten und das bisherige Limit hinter sich zu lassen, streben Musiker wie Tänzer Höhepunkten zu. Bei den einen werden die Bewegungen extremer und spitzer, die Beziehungen zueinander inniger und spannungsreicher, die anderen lassen temporeich ihre Finger tanzen und beweisen auf ihre eigene Art beeindruckende Virtuosität. Die Tänzer überlassen ihren neuen Kollegen den Platz im Vordergrund.

Die Bühnenkonstruktion und die Bilder darauf lassen dieses Nebeneinander, das man als Weg von der Begabung über harte Arbeit zur Höchstleistung und als Spiegel der täglichen Routine beim Verfolgen großer Ziele interpretieren darf, schließlich zu einem faszinierenden Ganzen verschmelzen. Auf einer Rampe im Hintergrund können die Performer sitzen und den anderen zuschauen, hinauflaufen und herunterrutschen. Die Schräge ist wie der Boden weiß verkleidet, eine riesige Leinwand für Naturfilme. Das Grün der Pflanzen, Spiegelungen einer Wasserfläche mit steinigem Untergrund oder schwarze Regentropfen breiten sich nicht nur auf der Freifläche, sondern auch auf den Körpern der Tänzer aus. Sie saugen sie hinein, lassen sie Kräfte spüren, für sich nutzen und an ihnen scheitern. Träumerische Sequenzen entstehen, die, nach dem etwas steifen Beginn, schillernd im Gedächtnis hängen bleiben.

Bockenheimer Depot: 16.-20. März. www.dresdenfrankfurtdancecompany.com

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