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Abschied von Dieter Heitkamp: Wunderkerzen, sprühend

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Von: Sylvia Staude

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Szene aus „Quartet of an end announcing the beginning“ von Zaida Ballesteros Parejo.
Szene aus „Quartet of an end announcing the beginning“ von Zaida Ballesteros Parejo. © Valentin Fanel

Das „Wintertanzprojekt“ der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst: Mit einem Reigen von 17 Mini-Choreografien wurde am Wochenende Dieter Heitkamp verabschiedet.

Mit Wunderkerzen und einem hübschen Gesangsloop, in der Hauptsache mit einem Reigen von 17 Mini-Choreografien wurde am Wochenende Dieter Heitkamp verabschiedet, 22 Jahre lang Leiter der Tanzabteilung der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. In dieser Zeit wurde eine Ausbildung, die das Gewicht noch eher auf den klassischen Tanz legte, zu einem Bachelorstudiengang „Techniken des Balletts und des Zeitgenössischen Tanzes“.

Spitzenschuhe kamen bei diesem besonderen „Wintertanzprojekt“ – seit 2001 treten Studierende aller Jahrgänge einmal im Jahr im Gallus-Theater auf und zeigen, was sie gelernt haben – gar nicht mehr zum Einsatz. Denn es handelte sich um ein ganz besonderes Programm, für das Heitkamp Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs gebeten hatte, kurze Choreografien beizusteuern. Diese wurden – mit einer Pause – so geschwind gereiht, dass die schöne Fülle umso überwältigender wirken konnte.

Mit geschwinden, uhrwerkgenauen Hüpferchen bezirzte Chris Jägers „4 Minutes To Save the World“. Danach strömte „Blaues Gold“, erarbeitet nach Dieter Heitkamps „Blattgold“ (2003) von Victoria Söntgen und Kristina Veit; Tänzerinnen und Tänzer trugen jetzt Kleidung in ukrainischem Blau und Gelb/Gold. Ramon John, Tänzer beim Hessischen Staatsballett, inszenierte in „Children of Echidna“ apart-fremde, sich windende Wesen, die wie die Echidna der griechischen Mythologie durchaus Frau und Schlange sein konnten. Eher an Computerspielfiguren denkt man bei Maria Kobzeva („Game“ in Spiegelschrift), auch das perfekt bis in die Mimik ausgeführt.

Dazu noch selbst singen

Die Choreografin Paula Rosolen, auch sie studierte in Frankfurt, stellte einen Ausschnitt von „Aerobics“ zur Verfügung, bei dem keine Musik den in bunten Sportdress und passende Turnschuhe Gekleideten dabei hilft, den Rhythmus zu halten beim Hüpfen, Beineschmeißen. Gar selbst singen mussten alle Mitwirkenden in der mit einem „O“ mit Öhrchen benannten Choreografie Norbert Papes: David Bowies „Space Oddity“ – galt es doch, mit jedem Schritt vorwärts die Erde ein wenig zurückzuschieben.

Keineswegs fühlten sich aber alle Angefragten verpflichtet, zu diesem Anlass Helles, Heiteres beizusteuern. Anton Valdbauers Duo „Flashes Of Us“ packte in die kurze Zeit viele Nuancen einer Beziehung/Freundschaft. Erdtöne und Decken spielen eine Rolle im zart ominösen „Texere“ von Gabriel Galindez Cruz, gedeckt, im Grundton melancholisch ist auch „Ontario“ von Lucyna Zwolinska, zu einem gleichnamigen Song von Keaton Henson. Mit grauen Puppenköpfen hantieren fünf Tänzerinnen und Tänzer in „Der (letzte?) Tanz“ von Eva Baumann, doppelbödig durch Irving Berlins Lied „Cheek to Cheek“.

Abwechslungsreich war der gut zweistündige Abend. Gleichzeitig ließ sich an ihm ablesen, wo die Tanzkunst aktuell steht, egal, ob sie unterhalten will oder sich um ein ernstes Thema, auch die sprichwörtlichen Beziehungskisten bemüht. Nicht umsonst lautete der Untertitel „Blick zurück nach vorn“. Nicht zuletzt kamen aus diesem Füllhorn so viele schmackhafte Häppchen, das dies die beste Werbung war für eine Kunst, die glücklicherweise noch so viele junge Menschen ausüben wollen, obwohl ihre Mühe erschreckend schlecht bezahlt wird.

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