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Wie der Staat uns digital überwacht

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Von: Melanie Reinsch

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In diesem Jahr findet das Hackertreffen unter dem Motto "tuwat"  zum ersten Mal in der Leipziger Messe statt.
In diesem Jahr findet das Hackertreffen unter dem Motto "tuwat" zum ersten Mal in der Leipziger Messe statt. © rtr

Das und mehr beschäftigt Hacker und Netzaktivisten beim Chaos Communication Congress. Der beginnt am Mittwoch in Leipzig und läuft bis Ende der Woche.

Für den Chaos Computer Club (CCC) ist das 34. Jahrestreffen zwischen Weihnachten und Neujahr eine besondere Herausforderung: Fünf Jahre gastierte die größte europäische Hackervereinigung im Congress Centrum Hamburg – aus dem CCH-Schild wurde kurzum – wenn auch nur temporär – ein CCC-Schild.

In diesem Jahr findet das Hackertreffen unter dem Motto „tuwat“ mit IT-Spezialisten, Computerfreaks, Bürgerrechtlern, Datenschützern, Netzaktivisten und Digitalnomaden zum ersten Mal in der Leipziger Messe statt, weil das CCH in der Hansestadt für fast 200 Millionen Euro modernisiert wird.

Die Veranstalter wollen „Messehallen-Feeling“ vermeiden und sich wohlfühlen. Vor allem die akustischen Eigenschaften der Halle und die unterschiedlichen Schallquellen stellten die Veranstalter vor Herausforderungen. „Lasst die fetten Lautsprecher zu Hause. Hackt Silent-Disco-Modelle und Alternativen zusammen. Seid kreativ in der Schallvermeidung“, baten sie die Besucher vorab.

Schließlich werden hier zwischen Mittwoch und Samstag rund 15 000 Menschen leben, wohnen, hacken, programmieren, lernen, zuhören, sprechen, sich austauschen und vernetzen. Die Szene kommt nicht zum Schlendern und Berieseln vorbei. Über 100 Vorträge wird es geben. „Aber der größte Teil des Chaos Communication Congress entsteht erst durch die Besucher: Wir sind ein Selbst- und Mitmach-Congress. Es gibt einen ständigen Wechsel zwischen Mitwirkenden und Besuchern“, erklärte CCC-Sprecher Linus Neumann.

Zentrum für politische Schönheit ist vor Ort

In den Panels und Workshops geht es unter anderem um IT-Sicherheit, Gesellschaft, Politik, Kultur, Wissenschaft, um selbstfahrende Autos, Geheimdienste, künstliche Intelligenz, digitale Bildung an Schulen, um Gefahren beim Mobilebanking durch Apps, um die Schließung der linken Webseite Indymedia linksunten oder um Roboter. Man blickt in Nachbarländer, auf andere Kontinente und sogar ins All. Natürlich gibt es auch netzpolitische Jahresrückblicke und Vorschauen – auch mit Hinblick auf die neue Regierung.

Das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) ist vor Ort und „plaudert aus dem Nähkästchen“ und will „unveröffentlichtes Material“ veröffentlichen. Ob es sich dabei um Datenmaterial zu der Aktion vor dem Haus des Thüringer AfD-Chefs, Björn Höcke, in Bornhagen handelt, wird man sehen.

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele blickt auf die Geheimdienstskandale zurück, Netzpolitik.org-Chefredakteur Markus Beckedahl gibt einen Ausblick auf die größten Debatten in der kommenden Legislatur – von Plattformregulierung über KI-Regulierung bis hin zur Frage der Produkthaftung.

Der Chaos Computer Club versteht sich selbst als Vermittler „im Spannungsfeld zwischen technischer und sozialer Entwicklung“. Er macht zum Beispiel auf Sicherheitslücken aufmerksam.

IT-Sicherheit steht im Fokus

Prominentes Beispiel aus diesem Jahr: Der PC-Wahl-Hack kurz vor der Bundestagswahl im September, als der CCC eklatante Sicherheitslücken in der Wahlsoftware entdeckte. Es fehlten Verschlüsselungen und wirksame Authentifizierungen. Der CCC stellte dem Softwarehersteller öffentlich eine Quellcode-Spende zur Verfügung, um die Schwachstellen beseitigen zu können.

Vor wenigen Wochen kritisierte er mit einer extra ins Leben gerufenen Homepage den Einsatz sogenannter Staatstrojaner in Hessen und machte auf die Gefahren aufmerksam.

„IT-Sicherheit steht im Fokus“, sagt Neumann. Man beobachte zudem große Schritte von einer bloßen Überwachung des Staates hin zu einer Kontrolle. Auch das werde in den vier Tagen immer wieder Thema sein.

Seit 1984 hält der von Computer Aktivist Wau Holland gegründete Verein regelmäßig seine Jahrestreffen ab. Seine Wurzeln gehen bis ins Jahr 1981 zurück. Damals trafen sich Hacker und selbst bezeichnete „Komputerfrieks“, die die Möglichkeiten der gerade aufkommenden elektronischen Datennetze erkannt hatten und gründeten den Verein. Heute hat er mehr als 5500 Mitglieder. Bis heute ist der CCC seinem Kerngedanken treu geblieben: die Transparenz staatlichen Handels in den Vordergrund zu stellen.

Wer kein Ticket bekommen hat, kann sich einzelne Vorträge auch im Livestream ansehen.

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