Scrabble heißt jetzt "Buchstaben-Yolo"

Mit Scrabble wird ein Kultspiel 70 - und erhält von Mattel zum Geburtstag einen neuen Namen, der das Netz zum Lachen bringt.
Als „Sensation“ kündigt Mattel die deutsche Jubiläumsausgabe von Scrabble an. Denn der Spieleklassiker wird zum 70. Geburtstag in „Buchstaben-Yolo“ umbenannt. Yolo, das für „You Only Live Once“ („Du lebst nur einmal“) steht, wurde 2012 zum Jugendwort des Jahres gekürt. Der Hersteller spricht von „Neuanfang“ und „Verjüngungskur“. Fast möchte man an einen Marketing-Gag glauben. Doch die offizielle Ankündigung verspricht: „Die neue Version bietet dabei mehr Spaß als je zuvor – für die gesamte Family Crew und vor allem für die Kids und Fans von lässiger Jugendsprache“. Doch im Netz folgte schnell Häme auf den neuen Namen „Buchstaben-Yolo“ folgte.
So kommentierte der TV-Sender Arte auf Twitter, er würde jetzt „flyer Kultur-Shit“ heißen – „fly sein“ ist das Jugendwort von 2016 und bedeutet: „Etwas geht besonders ab.“ Andere schlugen vor, „Mensch ärgere dich nicht“ in „Chill deine Base“ umzutiteln.
Wir heißen ab sofort übrigens nicht mehr "ARTE", sondern "flyer Kultur-Shit" ? #Scrabble
— ARTE (@ARTEde)
25. September 2018
Mattel-Sprecherin Anne Polsak zur Namensänderung: „Sprache ist wandelbar!“ Der Herausgeber wolle zeitgemäß „agieren und vielleicht den einen oder anderen der Generation Y von der Spielekonsole zurück zum Säckchen mit den Buchstaben“ holen. Dafür habe das Unternehmen auch Rapper MC Fitti als Gesicht für die neue Kampagne mit ins Boot geholt.
„Buchstaben-Yolo“ ist nicht der neue Name für Scrabble
Optimistisch kann das Unternehmen stimmen, dass ein Namenswechsel schon einmal zum Erfolg führte: Denn die Urform hatte der US-amerikanische Architekt Alfred Mosher Butts bereits 1931 unter dem Namen „Lexiko“ entwickelt. Jedoch hatte die Variante noch kein Spielbrett – und keinen Erfolg. Das Aufkommen der Kreuzworträtsel brachte den Tüftler 1938 dann auf die Idee, ein Spielfeld zu kreieren und den Namen in „Criss-Crosswords“ zu ändern. Auch das verschaffte keinen Durchbruch.
1948 nahm sich Butts Freund James Brunot dem Spiel an. Er war begeisterter Criss-Crossword-Spieler und Anwalt. Brunot patentierte das Spiel erfolgreich, gab ihm seinen heutigen Namen und meldete die Marke Scrabble am 16. Dezember 1948 an. Das Verb „to scrabble“ bedeutet im Englischen „suchen“ oder „wühlen“. Ob damit das Suchen nach Wörtern im Kopf oder das Wühlen nach Buchstabensteinen im Säckchen gemeint war, ist nicht überliefert.
Wie dem auch sei – der Siegeszug des Gesellschaftsspiels war eingeläutet. Bisher sind den Angaben zufolge 100 Millionen Spiele in rund 30 Sprachen verkauft worden. 102 Buchstabensteine hat das deutsche klassische Spiel. Mit den Jahren wurden auch andere Varianten vermarktet: Scrabble zum Verreisen, mit Würfeln, für Kinder oder als Kartenspiel.
Mehr als 120 verschiedene Scrabble-Spiele aus einem Dutzend Länder hat Frank Ükermann in seinem Haus in Kerkrade angesammelt. Das schönste Stück ist für den gebürtigen Aachener eine Luxusausführung als Holzschatulle mit Schubladen und vergoldeten Steinen. „Früher waren die Schachteln weinrot, erst später hat der Hersteller das heutige gängige Grün etabliert“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende der Europäischen Spielesammler-Gilde.
Das Gesellschaftsspiel #Scrabble heißt zukünftig jetzt "Buchstaben-YOLO".
Frage mich, wann "Mensch ärgere dich nicht" in "Digga chill mal" und "Das Spiel des Lebens" in "Das Game vong Life amk" unbenannt werden.
— Der arme Prolet (@DerarmeProlet)
25. September 2018
Weltweit werden auch Scrabble-Turniere ausgetragen. Der aktuelle und mittlerweile dreifache Deutsche Meister ist Ben Berger. Den Freiburger Juristen fasziniert besonders die Kombination aus Sprache und Mathematik. Für ihn sei es wichtig, Muster zu erkennen. „So versuche ich, Anagramme zu lernen, bei denen die gleichen Buchstaben in unterschiedlicher Reihenfolge stehen, wie Reklame und Makrele“, verrät der 33-Jährige. Den Buchstabenakrobaten begeistert zudem, dass es Menschen aus unterschiedlichsten Altersgruppen, Berufen und Kulturen verbindet.
Ob ein Wort gültig ist, hat indes nichts mit Glück zu tun. Bei offiziellen Begegnungen ist laut Berger eine feststehende Wortliste, die auf dem Duden beruht, entscheidend. So käme es nicht zum bekannten „Schwanzhund“-Fall aus dem Loriot-Film „Ödipussi“, in dem bei einem Damenkränzchen Scrabble gespielt wurde: Eine der Frauen verlängert „Hund“ zu „Hundnase“, was abgelehnt wird. Dann legt sie „Schwanzhund“, worauf es auch Kritik hagelt. „Dann hätte ich vorhin auch ‚Quallenknödel‘ legen können“, geht die Diskussion weiter. Ein Streitgespräch, das in ähnlicher Form wohl an jedem Spieleabend früher oder später aufkommt. Vielleicht hätte Scrabble nicht in „Buchstaben-Yolo“, sondern in „Chill deine Base“ umbenannt werden sollen. (kna)