Saudi Arabien erlaubt Kinos

Eine historische Entscheidung in dem arabischen Land: Bisher waren dort öffentliche Filmtheater aus moralischen Gründen verboten. Nun stellt ein reicher Geschäftsmann einen Antrag auf Eröffnung eines Kinos.
Veränderungen kommen in Saudi Arabien nie über Nacht. Oft beginnen sie mit Gerüchten, die dann diskutiert und kommentiert werden. Ist die Reaktion mehrheitlich positiv, wagt man den nächsten Schritt. So ist es auch jetzt wieder. Im Sommer tauchten erste Berichte auf: Ein reicher Geschäftsmann habe bei der Investitionsbehörde ganz offiziell den Antrag gestellt: Er wolle in Kinos investieren. Das sorgte natürlich für Aufsehen, denn Kinos sind in dem streng islamischen Staat offiziell verboten, aus moralischen Gründen. Das Königreich Saudi Arabien folgt einer besonders radikalen Lesart des Islam. So gelten hier auch die islamischen Körperstrafen und Frauen ist das Autofahren verboten.
Zwar wurden bereits in den 1930er Jahren erste Kinos gegründet, allerdings nur in dem von Ausländern und sehr westlich orientierten Saudis bewohnten, abgeschlossenen Wohngebiet der Öl-Firma Saudi Aramco. Ab den 90er Jahren hatten auch einige private Sportclubs eigene Kinosäle und zeigten dann vor ihren Mitgliedern Filme vor allem aus US-Produktion. Alle anderen Saudis mussten auf Kino verzichten oder ins nahegelegene Ausland, nach Bahrain oder Dubai fahren, um Filme auf großer Leinwand zu sehen.
Der Widerstand bröckelte
Zuletzt aber bröckelte der Widerstand der religiösen und konservativen Kräfte gegen das Kino. Mehrere angesehene Scheichs veröffentlichten Stellungnahmen, die sich als Zustimmung zur Einrichtung von Kinos verstehen ließen. Dies wiederum wurde in den Diwanen und vor allem auch auf Facebook diskutiert. Von Seiten der Religiösen gab es zwar Kritik, aber diese fiel schwächer aus als noch vor Jahren und so verdichteten sich die Gerüchte, dass möglicherweise demnächst eine Entscheidung in der Kinofrage fallen könnte.
Am Wochenende wurde diese dann offiziell bekanntgegeben: „Grünes Licht für Kinos“, titelte die regierungsnahe Zeitung „Arab News“ in ihrer gestrigen Ausgabe. Das Innenministerium, die Behörde für Tourismus und Altertümer, die Kommission für Audiovisuelle Medien und die Kommission für die Verbreitung von Moral und die Unterbindung von Laster hätten sich darauf verständigt, dass in Zukunft in Saudi Arabien Kinos erlaubt sein könnten. Offizielle Stellen führen als Begründung die wirtschaftlichen Chancen an, die sich aus dieser Entscheidung ergeben. Sie erwarteten Tausende von Jobs und zudem Unterhaltung und Zerstreuung für die saudische Jugend.
Die Jugend ablenken
Es liegt nahe zu vermuten, dass die Kino-Erlaubnis in Zusammenhang mit der heftigen Debatte steht, die derzeit in Saudi Arabien geführt wird über die Bedrohung durch die radikalen Kämpfer des „Islamischen Staats“ (IS). Viele junge Saudis haben sich IS angeschlossen. Möglicherweise soll die Eröffnung von Kinos die Jugend ablenken.
Allerdings gibt es noch einen anderen Grund, der die Kinoentscheidung beschleunigt hat: Im vergangenen Jahr tourte der Film „Wajda“ von der saudischen Regisseurin Haifa Mansour durch internationale Kinos und wurde vielfach ausgezeichnet. Vielen Saudis war es regelrecht peinlich, dass es in den Kommentaren zu dem Film immer hieß, dass er leider in Saudi Arabien nicht im Kino gezeigt werden könne, weil diese dort nun einmal verboten sind.