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Die Zeit war reif für den Gospel

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Von: Harry Nutt

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Seine musikalische Karriere war letztlich das Ergebnis eines One-Hit-Wonders.
Seine musikalische Karriere war letztlich das Ergebnis eines One-Hit-Wonders. © dpa

Eigentlich wollte Edwin Hawkins nie ins Musikgeschäft einsteigen, aber ein Lied veränderte sein Leben. Jetzt ist der Sänger an den Folgen seiner Krebserkrankung gestorben.

Die späten 60er-Jahre waren in popkultureller Hinsicht eine Phase extremer Aufgeschlossenheit und Experimentierlust. Anders ist jene Stilexplosion nicht zu erklären, die in kurzer Zeit nicht nur den Hard-, Glam- und Psychodelic-Rock hervorbrachte, sondern auch den Reggae jamaikanischer Prägung chartfähig machte.

Und so konnte auch der 1943 im kalifornischen Oakland geborene Edwin Hawkins vor großem Publikum tun, was er bereits von früher Kindheit an getan hatte: im Kirchenchor singen. Seine musikalische Karriere, die aus einem Fundus von Hunderten traditioneller Melodien und Gesänge schöpfen konnte, war letztlich aber das Ergebnis eines One-Hit-Wonders. Das schwungvolle Gospel-Stück „Oh Happy Day“, wurde in vielen Ländern der Welt zu einem Nummer-1-Hit, und führte schließlich dazu, dass die Edwin-Hawkins-Singers über viele Jahre als die vermutlich größte Reisegruppe der Welt unterwegs waren. Mit ihren ebenso imposanten wie uniformen Gewändern traten sie in Fernsehshows auf und füllten die Bühnen der größten Konzertsäle.

Mehr als 30 Alben produziert

Im Gospelchor seiner Eltern hatte Edwin Hawkins das Programm seit seiner Jugend am Klavier begleitet, seine eigene Formation mit singenden Frauen und Männern gründete er unter dem Namen Northern California State Choir in dem legendären Popjahr 1967. Die stolze Gesangsgemeinschaft umfasste 46 Personen im Alter zwischen 17 und 25, die der Legende zufolge vor allem deshalb auf die Produktion einer Schallplatte aus waren, weil sie Geld brauchten für eine Teilnahme am „Annual Youth Congress of the Churches of God in Christ“, einem jährlich stattfindenden Jugend-Kirchenkongress. Das Vorhaben gelang, und so entstand die Platte „Let Us Go Into the House of the Lord“, die in der Ephesian Church of Christ in Berkeley aufgenommen und in einer Auflage von 500 Stück veröffentlicht worden war. 

Dabei war Edwin Hawkins geschäftstüchtig genug, um zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. Zum einen veränderte er den etwas sperrigen Namen des Chors zu den eingängigeren Edwin Hawkins Singers, und schrieb den aus dem 18. Jahrhundert stammenden Hymnus von „Oh Happy Day“ markant genug um, so dass er eigene Urheberrechte dafür beanspruchen konnte. 

Die Zeit war reif für Gospel, der Rockmusiker Norman Greenbaum landete mit „Spirit in the Sky“ einen enervierend einfachen Hit, und nach dem nicht abreißenden Erfolg von „Oh Happy Day“ trugen die Edwin Hawkins Singers zum Debüt „Lay Down (Candles in the Rain)“ der Sängerin Melanie bei, zu dem sie den Background-Gesang spendierten. 

Edwin Hawkins hat im Verlauf seiner Karriere über 30 Alben produziert, am Sonntag ist er in Pleasanton, Kalifornien im Alter von 74 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben.

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