Tribut an den Titanen
Saxofonist Christof Lauer widmet sein Programm im Frankfurter Palmengarten John Coltrane.
Bei Christof Lauer geht es nicht um Technik, nicht um irgendwelche Heldentaten. Wenn er weiß, wie er klingen will, soll der zu den auffälligsten Musikern der zweiten Generation des Jazz der gloriosen Nachkriegsjahrzehnte in Frankfurt gehörende Saxofonist vor Jahren gesagt haben, dann kriege er das hin – eine den technischen Aspekt hintanstellende Haltung, sehr aus dem Geiste von John Coltrane.
Lauer, Jahrgang 1953, ist kein Unterschätzter, mit Recht genießt er einen Ruf als einer der Großen seines Instruments in Europa; der spektakuläre Starruhm hingegen ist an ihm bis dato vorübergegangen, vielleicht auch, weil er als Mitglied der Bigband des NDR seit Anfang der neunziger Jahre und des hr-Jazzensembles schon seit den späten Siebzigern zu reichhaltig beschäftigt ist, um die eigenen Projekte mit vollem Aufwand voranzutreiben.
Früh schon hat Christof Lauer eine markant eigene Stimme auf seinem Instrument entwickelt; sehr spät nun erst, mit Mitte Sechzig, hat sich der langjährige Weggefährte Albert Mangelsdorffs in einem vollen Programm mit dem Titanen Coltrane beschäftigt; mit seinem grandiosen neuen Trio um den Bassisten Ingmar Heller und den Amerikaner Gene Calderazzo am Schlagzeug hat er den fulminanten Schlusspunkt einer erfreulich ergiebigen Saison der von der Frankfurter Jazzinitiative betreuten sommerlichen Reihe Jazz im Palmengarten gesetzt.
Es ist eine unprätentiöse Freizügigkeit rundum, mit der sich Lauer geläufige wie auch eher entlegene Nummern aus verschiedenen Werkphasen anverwandelt. In einer selbstverständlichen Manier entschieden in seiner Eigenart, kraftvoll, nicht aber mit einem expressiven Drang. Anders als gewohnt ist Lauer im größeren Teil der Stücke am Tenorsaxofon zu erleben – seinem „Nebeninstrument“, in Rechnung gestellt, dass das Sopransaxofon sein primäres ist.
Es ist ein klassisches, klargestaltiges Triospiel, mit dem man es zu tun hat, Lauer als Solist steht entschieden im Fokus, Heller mit seinen melodiösen Linien am Bass und der funkelnd energiesprühende Calderazzo am Schlagzeug sind kolossal präsente Begleiter.
So klassisch im Sinne der Jazzmoderne der Habitus sein mag, der Gedanke an einen fadenscheinigen Traditionalismus erscheint vollends abwegig. Lauers über eine vordergründige Dringlichkeit und Stürmerei erhabene Spielweise erscheint so zeitgenössisch wie sie in ihrer Art zugleich auch über der Zeit steht. Das ist groß, ohne Einschränkung.