Suzi Quatro in der Alten Oper Frankfurt: Sensationell unverdrossen

Suzi Quatro beweist in der Alten Oper ihre Glamrock-Qualität.
Die Popgeschichtsschreibung hat Suzi Quatro lange Zeit eher mit spitzen Fingern angefasst. Glamrock: da gab es den Zweig für den gehobenen Anspruch um T. Rex, David Bowie und Roxy Music – der strikte Simplizismus des „Lower Glam“ um Slade, The Sweet und eben Suzi Quatro zählte da nicht viel. Eine Revision findet erst allmählich statt. Sie habe, hat Quatro vor ein paar Jahren in einem Interview gesagt, „den Frauen Eier gegeben“.
Die Ikonografie ihrer Plattencover ließ keinen Zweifel daran, dass sie in ihrer (mit Männern besetzten) Band der „Leader of the Gang“ war. Nicht umsonst nannte der im März verstorbene Medientheoretiker Peter Weibel die in Detroit geborene Ledermacha, die von England aus Karriere machte, als eine der erfolgreichsten Musikerinnen der siebziger Jahre, mit Blick auf den Wechsel der Frau in der Rockmusik „von passiv zu aktiv“ in einem Atemzug mit Patti Smith.
Man braucht sie nicht gleich zur Urmutter der Riot Grrrls zu stilisieren, ein Vorbild aber ist sie gewesen für viele She-Punks und New-Wave-Musikerinnnen, von Joan Jett von den Runaways bis Chrissie Hynde von den Pretenders. Und Tina Weymouth von den Talking Heads hat sich erklärtermaßen von Quatros Bassspiel inspirieren lassen, das seinerseits wiederum vom Bass auf Motownaufnahmen beeinflusst ist.
„Ehrliche Rockmusik“
Nach Jahrzehnten der Neverending Tingeltour füllt Suzi Quatro wieder die großen Säle, wie nun die Frankfurter Alte Oper, im fünfzigsten Jahr nach ihrem Hitdebüt mit „Can the Can“. Das Konzert war durch und durch erwartbar. Ein Aufhorchen lassendes Spätwerk ist Quatro bislang nicht geglückt. Die Nummern von dem Comeback-Album „No Control“ (2019) – mit Platz 28 beste Chartplatzierung in Deutschland seit 1974 – sowie „The Devil in Me“ (2021) reißen nicht groß was.
„Ehrliche Rockmusik“ hätte man das in den siebziger Jahren genannt. Die neueren Songs stellen aber im Volldampf – achtköpfiges Ensemble mit Memphissoulbläsern und Backgroundsängerinnen – des Konzerts auch keine Durchhänger dar. Mit ihrer Konzertfassung von „Rockin‘ in the Free World“ allerdings hätte Quatro keine Chance auf eine Platzierung in einer Allzeit-Bestenliste der Neil-Young-Coverversionen.
Klarerweise wird in den zweieinhalb Stunden (mit Pause, Leder-Jumpsuit erst danach) nichts ausgelassen, Suzi Quatro versteht sich darauf, ihr gutes Dutzend Hit-Heuler zu zelebrieren. Sie strahlt eine immergute Laune aus. Eine ausgefuchste Bühnenprofessional, deren Movens es ist, den Fans zu geben, was sie wollen. Ausgerechnet die ins Hysterische getriebenen Höhenspitzen, seinerzeit ihre gesangliche Attraktion, bleiben eher aus. Das charakteristische exzessive Fauchen im Refrain von „Your Momma Won’t Like Me“ (1975) ist durch – Auweia! – gesprochene Lautworte ersetzt.
Mit gewissen Altersabstrichen ist nun aber einmal zu rechnen. Wie auch immer: Suzi Quatro wirkt sensationell unverdrossen – in Summe fern der Peinlichkeit.