Sol Gabetta beim hr-Sinfoniekonzert: Das feinste Tutti und der letzte Schrei
Sol Gabetta mit dem hr-Sinfonieorchester in der Alten Oper Frankfurt.
Sol Gabetta war mit Edward Elgars Cellokonzert, über das sie mittlerweile fast unangefochten interpretative Deutungshoheit besitzt, schon oft zu hören. Aber ein so auf den schmalen, oft extrem leisen und feinen Ton der 40-jährigen Argentinierin abgestimmtes Tutti, wie es jetzt beim Auftritt mit dem hr-Sinfonieorchester in der Alten Oper Frankfurt geboten wurde, erlebt man kaum einmal.
Natürlich lag das am Orchester des Hessischen Rundfunks, aber auch am Dirigat Krzysztof Urbanskys, dem die passgenaue Begleitung des unendlich wirkenden, rezitativischen Cello-Monologs zu danken war. Was bei ignoranter idiomatischer Begleitung zu zähen Klangresultaten führt, war dank des wachen und in jedem Moment spannungsbereiten Orchesters verhindert.
Über die Makellosigkeit des Spiels Gabettas braucht kein Wort verloren zu werden. Allenfalls darüber, dass sich manche ihrer nicht sonderlich vielen schnell bewegten Läufe im Kontext des Spiels mit dem Tutti denn doch etwas zu schwach und blass darstellten. Elgars fünfminütiges „Sospiri“ – „Seufzer“, transkribiert für Cello und Kammerorchester, passte als Zugabe perfekt.
Mit den beiden anderen Werken des Abends kamen Kompositionen aus der Heimat des 39-jährigen Urbansky zu Gehör. Witold Lutoslawskis „Konzert für Orchester“ entstand 1950 bis 1954 und ist eines der wenigen anspruchsvollen Werke der Nachkriegsmoderne, die es zu einer gewissen Bekanntheit und Popularität gebracht haben. Mit einer reichen Farb- und Gestaltungspalette, die bei aller konstruktiven Raffinesse und Komplexität doch intellektuelles Vergnügen mit sinnenhafter Attraktivität verbindet.
Davon konnte bei dem Eingangsstück aus der Feder Wojciech Kilars, der vor acht Jahren 81-jährig starb, keine Rede sein. Kilar, als Filmmusiker bekannt geworden, hat seine immergleiche Konfektion, die aus sülziger oder ratternder Flächigkeit einfachster harmonischer Machart besteht, auch als nichtfilmisch gebundene Klangtapetenmuster fabriziert. Ob Sinfonie, Konzert, Requiem, Auschwitz- oder 11.September-Gedenken, alttestamentlicher Exodus oder Messe: alles in gleicher Masche.
1986 wurde die gerade im Schwange befindliche Minimal Music auf Kilars populistische Weise unter dem Titel „Owara“ adaptiert. Mit billigen Staccato-Mustern in Bolero-Steigerung samt finalem Aufschrei aller Beteiligten. Das gesamte hr-Streichercorps war im Einsatz, den es im Stehen absolvierte. Und der Schrei – so einfach ist das – machte Stimmung.