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Scharfe Fetzen, zarte Brise

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Denis Matsuev mit den Münchner Philharmonikern.
Denis Matsuev mit den Münchner Philharmonikern. © Pro Arte

Denis Matsuev und die Münchner Philharmoniker unter Valery Gergiev spielen in Frankfurt Werke von Rachmaninow und Beethoven.

Wie bei vielen Solisten sind auch bei Denis Matsuev Auftritt und Abgang den Anblick wert. Zügig und kräftig ging beides vonstatten beim Pro-Arte-Konzert in der Alten Oper Frankfurt. Keine Verzögerungen, keine Koketterie, ein Sportsmann, der weiß, was er zu tun hat und wem er seinen Blumenstrauß schenkt, und während die Bratschistin noch lächelte, war er schon wieder weiter. Dabei war es ausgerechnet in diesem Fall so, dass die Geigen immer wieder damit beschäftigt waren, Zugangswege für ihn und den Dirigenten Valery Gergiev freizuhalten. In kleinen Slapstickszenen rückten die beiden in der hintersten Reihe zur Seite, um Stockungen zu vermeiden, diesmal aber wählte der Solist den anderen Eingang, jenen, den sie jetzt also zustellten.

Auch am Instrument kennt der 42-jährige, im russischen Irkutsk geborene Pianist kein sichtbares Zaudern. Mit Gergiev und den Münchner Philharmonikern spielte Matsuev das seltener zu hörende 4. Klavierkonzert von Sergei Rachmaninow, ein knapp halbstündiger Teufelsritt, in dem sich die berühmte russische Seele und die ebenso berühmte US-amerikanische Unterhaltungsmusik gleichermaßen prächtig hören lassen. Rachmaninow aber setzt beiden zu, fetzt die Rhythmen und steckt sie neu ineinander, beutelt den Groove, den Matsuev gleichwohl sichtbar verspürte, und stellt alle Beteiligten in dieser Verbindung aus Vertracktheit und Hochgeschwindigkeit vor Herausforderungen. Hellwach wirkte das Orchester, Gergiev konnte es ohne dramatischen Kraftakt lenken. Blickkontakt zum Pianisten war schwer möglich, wurde nicht gesucht und war offenbar auch nicht notwendig. Ein wie wildgewordenes, in Wahrheit hochdiszipliniertes Räderwerk versah perfekt seinen Dienst. Der Mittelsatz ist eine Atempause, die der Pianist gleichwohl atemberaubend fein und schillernd mysteriös gestaltete. Nach einer knappen halben Stunde war alles vorbei (in dieser letzten, vom Komponisten radikal gekürzten Fassung von 1941). Als Zugabe spielte Matsuev entspannt und geschmeidig die „Méditation“ aus Tschaikowskys 18 Stücken, op. 72.

Gerahmt wurde das Klavierkonzert von zwei Werken Ludwig van Beethovens, so dass das Zupackende, das Herrschaftliche des genialischen und souveränen Komponierens das Programm bestimmte. Die Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 klärte eingangs, dass die Münchner Philharmoniker zwar in einer Großformation angereist waren, aber nicht ohne Grund losdonnerten. Überhaupt wurde eigentlich einmal wieder deutlich, dass große Wucht – wie in der Ouvertüre am Ende durchaus geboten – kein Losdonnern, schon gar kein schieres Lärmen ist. Das galt erst recht für Beethovens 5. Sinfonie im zweiten Teil, die unerschütterlich gut austariert war. Valery Gergiev dirigierte selten heftig. In der zarten Brise des Andante in der Fünften schien er zwischendurch praktisch nichts mehr zu tun als zuzuhören.

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