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Roberto Fonseca: Nach allen Seiten offen

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Von: Stefan Michalzik

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Roberto Fonseca mit der Bigband.
Roberto Fonseca mit der Bigband. © Sascha Rheker

Der Pianist Roberto Fonseca mit der hr-Bigband in der Alten Oper Frankfurt.

International wahrgenommen wurde der aus Havanna stammende Pianist Roberto Fonseca Mitte der nuller Jahre als Nachfolger für den großen Rubén Gonzáles im Buena Vista Social Club. Später sagte er, dass er sich hier erstmals überhaupt mit der kubanischen Musiktradition beschäftigt habe. Aufgewachsen sei er mit der Musik von Pionieren der elektronischen Sounds im Jazz wie Herbie Hancock und Joe Zawinul; zunächst habe er sich als reiner Jazzmusiker gesehen.

Rund ein Dutzend Alben hat Roberto Fonseca inzwischen herausgebracht, der stilübergreifende Ansatz prägte nun auch das Gastspiel mit seinem famosen Trio – Yandy Martinez, akustischer Bass und sechssaitige elektrische Bassgitarre; Ruly Herrera, Schlagzeug – beim jüngsten Konzert mit der hr-Bigband unter der Leitung von Rainer Tempel in der Frankfurter Alten Oper. Der Abend wurde eröffnet mit einer der beiden Nummern, die nicht von Fonseca stammen, „Isora Club“ von Israel Cachao Lopez, einem der Pioniere des Mambo in den 30er Jahren. Hier ist Fonseca zu erleben mit perkussiven Attacken und kühnen Akkorden in vertrackten Rhythmen auf dem Flügel. Für den groovigen Latin Funk in „Family“ gleich darauf spult Fonseca einen Hammondorgelsound aus seinem Keyboard. Die solistische Einleitung erinnert ein wenig an barocke Orgelstücke.

Spiel mit spacigen Sounds

Dissonante Blockakkorde und Eruptionen, als gelte es Cecil Taylor zu beerben – dann wieder ein melodiöses Spiel in Kompositionen, mit denen sich Fonseca dem Third Stream annähert, der Übertragung von Formen aus der klassisch-romantischen Musiktradition in den Jazzzusammenhang. „Congo Arabe“ indes lässt Orientalismus aus ellingtonesker Fernperspektive anklingen. In den Fusionjazz greift „Cadenas“, ein Spiel mit spacigen Sounds unter anderem vom analogen Synthesizer, das übergeht in ein furioses Fusiongitarrensolo von Martin Scales. Zwischen verhalten glosenden Farben und in höchstem Klangraffinement hervorgetriebener Verve die superben Arrangements von Rainer Tempel. Allerhand hinreißende solistische Auftritte aus der Bigband, unter anderem von Martin Auer, Trompete und Flügelhorn; Axel Schlosser, Trompete, sowie Christian Jaksjø, Posaune.

Offenheit nach allen Seiten in eigenwilliger Durchmischung ist die Maxime dieses eloquenten Improvisators wie Komponisten. Zum großen Suchenden jedoch lässt sich Fonseca nicht stilisieren. Weit entfernt ist er von dem tradtionsaffinen „avantgardistischen“ Gestus eines Omar Sosa. Mit der seligen Nostalgie nach Art der Alten vom Buena Vista Social Club hat er auch nichts gemein. Er steht für weltoffenen „Modern Mainstream“ des kubanischen Jazz. Mit einer Neigung zu Showmanship – leider auch samt einer Mitsinganimation zum Schluss.

Ein Mitschnitt ist im Internet abrufbar.

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