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Nächte in weißem Satin

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Von: Harry Nutt

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Ray Thomas, 1941 in Stourport-on-Severn geboren, ist kurz nach seinem 76. Geburtstag gestorben.
Ray Thomas, 1941 in Stourport-on-Severn geboren, ist kurz nach seinem 76. Geburtstag gestorben. © rtr

Zum Tod von Ray Thomas, der als Flötist, Songschreiber und Mundharmonikaspieler die Band Moody Blues prägte.

Zu den weniger bekannten Episoden der Rockgeschichte gehört die Anekdote, dass die britische Band Moody Blues ein ähnliches Schicksal wie Joni Mitchell teilte. Beide waren für Auftritte beim Festival 1969 in Woodstock gebucht, aber kamen dort nicht rechtzeitig an zum „summer of love“. Wegen des Andrangs der Fanmassen gab es kein Durchkommen. „The New York State Thruway is closed“ lautete dazu eine unvergessliche Bühnenansage während des Festivals.

Für den dauerhaften Verbleib der Moody Blues auf den Pfaden des Ruhms blieb das allerdings ohne Bedeutung. Während die Karriere manch eines Stars für immer mit dessen Woodstock-Performance verknüpft blieb, hatten die Erfinder des Symphonic-Rock ihr Meisterstück „Nights in White Satin“ bereits 1967 in die Umlaufbahn der Pop-Geschichte gebracht. Die Inkubationszeit des Erfolgs dauerte allerdings etwas länger. Ein weltweiter Hit wurde das Stück, das heute als eines der größten der Popgeschichte gilt, erst zu Beginn der siebziger Jahre. „Nights in White Satin“ wurde von zahlreichen Künstlern gecovert, beispielsweise von Eric Burdon sowie – in einer deutschen Version – von Juliane Werding („Wildes Wasser“).

Zum unverwechselbaren Klang des elegischen Stücks trug nicht zuletzt das Flötensolo von Ray Thomas bei, der die Moody Blues 1964 zusammen mit Mike Pinder in Birmingham gegründet hatte und die Band nicht nur als Flötist, sondern auch als Songschreiber und Mundharmonikaspieler prägte.

Moody Blues: Inbegriff der „British Invasion“

Mit Pinder hatte Thomas zuvor bereits bei den Krew Kats gespielt, die früh auf den Spuren der Beatles in Hamburg gewandelt waren, dort allerdings angesichts des ausbleibenden Erfolgs beinahe verzweifelten. Mike Pinder und Ray Thomas überwarfen sich gar vorübergehend. Die Hamburg-Phase sei sehr lehrreich gewesen, aber man habe am Ende nicht einmal einen Pott gehabt, in den man hätte pinkeln können, gestanden die beiden Musiker später. Und doch dürfte es wohl auch die existenzielle Erfahrung gewesen sein, die sie wieder zusammenbrachte, verstärkt durch Justin Hayward, John Lodge, Graeme Edge, Clint Warwick und Denny Laine, der die Moody Blues aber bereits 1966 wieder verließ.

Wer beim Schwelgen über „Nights in White Satin“ hängen bleibt, übersieht schnell, dass die Moody Blues eine der erfolgreichsten Bands ihrer Zeit waren. Vor allem in den USA gelten sie als Inbegriff der „British Invasion“, zu denen außerdem noch die Stones, The Who und die Beatles gerechnet werden. Weltweit verkauften die Moody Blues über 70 Millionen Alben, aber Pinder und Thomas gestatteten sich auch lustbetonte Ausflüge in die Pop-Nachbarschaft. Eine enge Freundschaft verband Ray Thomas mit den „Fab Four“ aus Liverpool. Zu den Beatles-Aufnahmen von „Fool on the Hill“ und „I Am the Walrus“ steuerte Pinder einige Harmonien bei. und Ray Thomas spielte dazu Mundharmonika.

Ray Thomas ist bereits am Donnerstag im Alter von 76 Jahren gestorben, wie jetzt bekannt wurde. Sein Band-Kollege John Lodge verabschiedete ihn tief bewegt auf Twitter: „Ray und ich waren zusammen auf dieser magischen Reise, seit wir 14 Jahre alt waren, (...) zwei Jugendliche aus Birmingham, die nach den Sternen gegriffen haben, (...) und wir haben sie gemeinsam erreicht“.

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