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Mario Venzago in der Alten Oper Frankfurt: Heimisch im Komplexen

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Von: Bernhard Uske

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Mario Venzago dirigiert das Frankfurter Museumskonzert

Er ist der richtige Mann für die schweren und dichten Grade der Musik, wie sie in strengen Satzformen, etwa der Passacaglia, gegeben sind: Mario Venzago, der das Frankfurter Museumskonzert in der Alten Oper mit Anton Weberns „Passacaglia“ für Orchester op. 1 eröffnete. Und zuletzt mit Johannes Brahms’ 4. Sinfonie beschloss, wo sich der Finalsatz als Passacaglia präsentiert. Eine immer gleiche Tonfolge, bei der die Kunst darin besteht, sich in allen höchst beweglichen und ganz anders sich gebenden Gestaltungen als identisch zu bewähren.

Das kann man auf akademisch höchst noble Art als einen Bandwurm formidabler Gleichsetzung realisieren. Man kann das aber auch als Kunst betreiben, die Enge des Schemas als Provokation für Könnerschaft im Freisetzen von Variabilität gerade dank größtmöglicher Begrenztheit zu vermitteln. Mario Venzago, Schüler des Schönberg-Schülers Erich Schmid und des Dirigenten Hans Swarowsky, gelangen mit dem Museumsorchester in beiden Fällen exzellente Darstellungen solcher sich selbst anreichernder Prozesse aus einem einzigen Linear-Modus. Bei Weberns erstem Opus ging das fast bis ins Expressionistische; eine Haltung, die der spätere Webern in seinen vor-seriellen Satz-Kristallisationen konzentrierte und verschloss.

Energie mit Außenseite

Hier jedoch hatte die Energie noch eine Außenseite, die bei Brahms in seinem romantisch-klassizistischen Selbstverständnis alle Musik in sprachmächtiger Klangrhetorik bestimmte. Die 4. Sinfonie von 1885, die der 76-jährige Schweizer Dirigent in schneller und flüssiger, dabei glasklarer Diktion vermittelte, entpuppte sich auch in den dem Passacaglia-Satz vorausgehenden Werkteilen als ein packendes Repetitorium ständig wechselhafter Selbstähnlichkeit. Man fand sich, bei aller Komplexität dieses nicht leicht verdaulichen Werks, darin sofort heimisch und konnte das konstruktive Geschehen als eine Art mobiler akustischer Behausung immer neuer Vertraulichkeiten empfinden.

Bei Mozarts Klarinettenkonzert, das die Mitte des Programms im Großen Saal bildete, war die klangsprachliche Vertrautheit noch ganz naiv gegeben. Hier war es die reizende Gestalt, in der Annelien Van Wauwe ebenso plastisch wie ungeschwollen den Ton der Mozartschen Instrumentalität wunderbar vermittelte: mit einer dem Uraufführungsinstrument des Solisten Anton Stadler nachgebauten Bassettlklarinette, die eine Terz tiefer reicht. Bemerkenswert die Zugabe im Sonntagskonzert: „Duft“ der Finnin Kaija Saariaho.

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