„Mainly Mozart“ in der Alten Oper: Es sprühen die Mozartfunken

Die hr-Bigband mit temporeichen Arrangements in Frankfurts Alter Oper.
Diese Stelle aus einem Brief Mozarts an seinen Vater Leopold im Jahr 1777 ist natürlich ein gefundenes Fressen: ,,Das Notwendigste und das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo“ – diese These des Komponisten, so steht es in der Ankündigung der hr-Bigband zu ihrem Beitrag zum neuen, auf Publikumsfreundlichkeit angelegten Festival ,,Mainly Mozart“ der Frankfurter Alten Oper, könne wohl jeder Jazzmusiker bedenkenlos unterzeichnen.
Womöglich nicht jeder in der stilistischen Weite des Jazz, sicherlich aber die zwei jazzhistorisch prägenden Figuren, um die es über Mozart hinaus gehen sollte: Charlie Parker und Charles Mingus. Nun hat Rainer Tempel mit der hr-Bigband nicht Parkers und Mingus’ Musik jener Mozarts gegenüber gestellt, was hätte interessant werden können. Vielmehr suchte eine von dem Schauspieler Christoph Pütthoff vorgetragene Auswahl aus Zeugnissen von Zeitzeugen und Briefstellen eine Seelenverwandtschaft zwischen den heiklen Geniecharakteren aufzuzeigen.
Sämtlich sind sie nicht besonders alt geworden (Mingus immerhin 59, Mozart 35, Parker 34), bei Alkohol und/oder Drogen fanden sie genauso wenig das Maß wie beim Geldausgeben. Wohlweislich wurden viele Dinge offengehalten; sich der Trivialpsychologie enthaltende Andeutung blieb etwa die Frage einer eventuellen unguten Auswirkung der vom strengen und merkantil orientierten Vater angetriebenen strapaziösen Wunderkindkarriere auf das spätere Leben. Erspart blieben einem die nur zu berühmten possierlichen Ferkeleien der ,,Bäsle“-Briefe; ein Analspaß wurde einzig als Zugabenschmankerl mit dem ,,Bona nox“-Kanon nachgeklappt.
Nicht ,,mainly“ (in der Hauptsache) Mozart wie gesagt bei der Musik, sondern ausschließlich, in einer Art von Potpourri-Repertoire zwischen dem Allegro aus der Sinfonie Nummer 40 in g-Moll und der ,,Figaro“-Ouvertüre, dem – na sicher doch! – Alla-turca-Rondo-Hit, Sätzen aus Klavier- und Violinsonaten, dem „Domine Jesu“ aus dem Requiem und der Klavierfantasie in c-Moll. Bunt und auf Unterhaltsamkeit angelegt, doch es blieb auch Raum für Kontemplatives und zurückgenommene Farbenspiele.
In Summe sind die Arrangements von Rainer Tempel für die exzellente Band profund. Bei den ersten Positionen allerdings wirkte manches noch arg hüftsteif. Das Schema: vorne ein Solist, der recht artig an der Melodie entlang spielt, geswingt wird hinten im Kollektiv, wurde dann aber aufgebrochen und es sprühten die Funken der Improvisation in großartigen Einsätzen von unter anderem Günter Bollmann und Christian Jaksjö, Posaune; Heinz-Dieter Sauerborn und – tatsächlich mal wieder ein weibliches Gesicht – Theresia Philipp am Altsaxofon sowie dem Pianisten Volker Engelberth.