„Low Key“ von Brendan Benson: Gern hört man ihn aus der Zeit fallen

„Low Key“, ein starkes Soloalbum von Brendan Benson
Beinahe schon eine künstlerische Dr.-Jekyll-und-Mr.-Hyde-Existenz: Gemeinsam mit Jack White bewegt sich Brendan Benson bei The Raconteurs in einem Umfeld zwischen Bluesrock und Spätsechziger-Jahre-Psychedelik. Handfeste Rockmusik also, in einem äußerst vitalen Traditionalismus. Als „Supergroup“ wurde das 2006 erstmals in Erscheinung getretene Quartett medial gehandelt, unzutreffend insofern, als es dafür ja mindestens zweier veritabler Superstars bedarf – Benson ist damals kein Superstar gewesen, und er ist es bis heute nicht geworden. Bei The Raconteurs ist es grob die Led-Zeppelin-Linie, an die angeknüpft wird, mit Blick auf Bensons Solowerk hingegen eher das melodisch-harmonische Denken der Beatles.
Zeitlebens ein Geheimtipp
Ein gutes halbes Dutzend ausgezeichnete Alben hat der 52-Jährige immerhin schon vorgelegt, der Ruhm des Solowerks indes steht weit hinter der Aufmerksamkeit, die The Raconteurs genießen. Womöglich wird der in Detroit geborene US-Amerikaner mit seinem Pop-Songwritertum zeitlebens der offene Geheimtipp bleiben. ,,Lower Key“, sein neues Album (das achte) besticht mehr noch als jene zuvor durch luftige Poppigkeit im Sound – selbst wenn er es hier und da eine Spur zu gut gemeint haben mag.
Im Inneren des Vinyl-Klappcovers ist Brendan Benson im Wohnzimmerstudioambiente einer Band gleich vierfach zu sehen: an Gitarre, Schlagzeug, Gesangsmikrofon und Klavier. Er hat das Album allein auf acht Spuren eingespielt – wegen der bekannten Umstände, die einem so kurze Zeit später schon gespenstisch weit weg und wie in grauer Vorzeit passiert vorkommen. Womöglich ist Brendan Benson in dieser Zeit einfach nach etwas Ungetrübtheit zumute gewesen – zumindest musikalischer, die Texte sind eine andere Sache.
Das Album
Brendan Benson: Low Key. Schnitzel/Indigo.
Und ohne Reiz ist diese Leichtigkeit und lichte Klarheit wahrhaftig nicht. Ungeachtet der Beschränkung auf acht Spuren geht es nicht um ein Lo-Fi-Ideal. Das Album mit seinen acht Songs in dreißig Minuten ist hinterher von ersten Kräften – Michael Ilbert in den Hansa Studios in Berlin, Greg Calbi von Sterling Sound in New York – abgemischt und gemastert worden und im Klang sehr schlank.
Der George Harrison der siebziger Jahre, die ebenso in dieser Dekade verortete Softrockband Stealers Wheel, das seinerzeit neu eingeführte und heute ,,Yacht Rock“ geheißene Genre AOR – ,,Adult Orientated Rock“: Einem Verweis auf seine primären Reverenzen gleich covert Benson Gerry Raffertys ,,Right Down the Line“ von 1978, in einer Fassung mit Hammondorgel und einem unterschwelligen Reggae-Beat. Die Texte drehen sich ganz Songwriter-klassisch vorwiegend um Liebe und Verlustleid sowie – ein gleichfalls alteingeführtes Motiv – von der Einsamkeit des in einem fort tourenden Musikers.
Ausgefuchst, wie Brendan Benson Song um Song mit den Stilen jongliert, vom Alternative Rock bis zu Country Rock. Arg konventionell allerdings der Umgang mit den Powerchords in ,,Whatever’s On My Mind“, und dem einen oder anderen Text ist ein Zug von Belanglosigkeit eigen, wie von Paul McCartney nach dem Ende der Beatles bekannt.
Bei aller Kritik ist das wenn auch nicht Brendan Bensons bestes, so doch ein starkes Album – aus der Zeit fallend, fernab der Moden.