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Liz im Frankfurt Club Das Bett: Kein Raum für Lampenfieber

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Von: Nicklas Baschek

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Playback, bekannte Posen und Mama im Publikum: Liz im Bett.

Die Menschen sind Mitte 20, etwas mehr Frauen als Männer. Nicht viel weniger Doc Martens als Air Force Ones. Sie sind mehrheitlich weiß. Das Bett ist gut gefüllt, 250 vielleicht, das erste Konzert nach zwei Jahren. Keiner, wirklich niemand trägt Maske. „Live without fear“ steht da auf einem Rücken. Aus den Boxen kommt ausschließlich US-amerikanischer Rap, aktuell, schleppend, lila. Liz hätte im Zoom spielen sollen, das umgezogen ist nach Fechenheim, aber noch nicht wiedereröffnet hat. Die Clubs rücken aus dem Stadtzentrum in die Peripherie.

Liz kommt von hier, sie ist im Ostend aufgewachsen, hat in den letzten zwei Jahren zwei Alben veröffentlicht, die auch im Kulturteil stattfanden. Liz ist auf den Alben rough und aggressiv und sie rappt übers Ticken, Geldstapel und gebrochene Knochen. Dazu masturbiert sie mit ausladenden Gesten auf der Bühne ihren riesigen Schwanz. Im Eintrachttrikot. Die Stadt Frankfurt ist omnipräsent, in Liz‘ Beschwörungen des Publikums, in jedem einzelnen Song, 069, FFM, Junkietown. Der Sound ist grollend, dunkel, ein paar Klavierakkorde und Streicher, die spielen müssten zu Regen in Hochglanzzeitlupe, der auf Stahl und Glas fällt. Dazwischen ein Gleiten durch die Straßen, wie ein Mantarochen.

Al Pacinos Scarface

Auf der Bühne gibt es Tattoos, drei, vier. Es ist nicht ganz klar, warum. Liz macht sich breit, dazu Zeilen wie „Männer woll’n Chef sein, aber wenn’s drauf ankommt / Sind ihre Hackfressen blutiger als Tampons“. Der Witz von all dem ist einer zum Mitlesen, live erschöpft sich all das in bekannten Posen und einer Liz, die zu ihren eigenen Songs tanzt.

Das Playback ist laut, sie nutzt es ohne Unterlass. Im Straßenrap gibt es wenig Raum für Lampenfieber, verschwitzte Achseln, es gibt keine Rollenangebote (außer das Opfersein) für die sozial Ängstlichen und die Zweiflerinnen. Wer sich nicht breit macht, der wird untergehen. Al Pacinos Scarface hat eine ungebrochene Faszination, auch Liz droppt ihn.

Rap als Technik, das spielt hier keine große Rolle. Das ist einerseits eine nachvollziehbare Idee gegen leeres Virtuosenreimen, und es ist ein Zug des Rap der letzten Jahre, weg von der Technik, hin zu einer Stimmung und einer Atmosphäre – andererseits ist es etwas schade, ihre Stimme live so selten zu hören. Die Stimmung ist dennoch gut. Die Mama steht im Publikum, sie bekommt ein Liebeslied auf der Bühne. Sie ist stolz.

Irgendwann kommt Rapperin Josi auf die Bühne, auch aus Frankfurt, sie hat mittlerweile einen Vertrag auf Olexeshs Label und fünf, sechs Singles veröffentlicht. Sie spielt fünf Songs live, dabei das gläsern bouncende „AFO“ über die Weiße ihrer Sneaker: „Immer noch keine Louboutins / Doch im Flur meiner Mum hab‘ ich mindestens dreißig Nike Schuhkartons“. Sie kündigt an, irgendwann Geschichte zu schreiben. Wir werden dabei gewesen sein.

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