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Liederabend Andreas Bauer Kanabas: Als Blauwal und als Hase

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Von: Judith von Sternburg

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Der Bass Andreas Bauer Kanabas, am Klavier: Daniel Heide. Barbara Aumüller
Der Bass Andreas Bauer Kanabas, am Klavier: Daniel Heide. Barbara Aumüller © Barbara Aumüller

Andreas Bauer Kanabas und Daniel Heide mit einem perfekten Schubert-Abend in Frankfurt.

Eine Bassstimme, ruft der Pianist Daniel Heide uns zwischendurch fürs Leben zu, könne sich als König Marke, König Heinrich oder König Philipp sehr wohl wie ein Blauwal bewegen. Beim Liedgesang aber müsse er einige Haken mehr schlagen. Die Zeit dafür scheint reif gewesen zu sein, und so traf es sich gut, dass der Musiker aus Weimar 20 Jahre nach dem gemeinsamen Studium den Sänger Andreas Bauer Kanabas aus Jena wiedertraf und die beiden sich im Corona-Lockdown zusammentaten.

Kanabas ist seit 2013 Ensemblemitglied der Oper Frankfurt, es ist nicht die Regel, dass die eigenen Leute in der Liederabend-Reihe im Opernhaus auftreten. Aber aus der Notgemeinschaft ist nicht nur eine schöne CD entstanden (und soeben bei Cavi erschienen), auch oder erst recht live sind die beiden so überzeugend, dass es zum Beispiel ein großer Fehler gewesen wären, stattdessen das Eintrachtspiel zu sehen. Oder Fastnacht zu feiern.

Im Zentrum der CD und des Konzerts Franz Schuberts „Schwanengesang“, die seinerzeit vom Verlag publikumswirksam zusammengestellte Reihe letzter Lieder. Zwischengeschaltet ein Block weiterer Nummern des Komponisten – und so sehr man auf Abenteuer aus ist, wenn man einen Liederabend besucht, so überwältigend ist ein reines Schubert-Programm, machen wir uns nichts vor. Für den Blauwal im Bass ist gerade bei den Zusatzliedern viel Platz: „Der Wanderer“ („Ich komme vom Gebirge her“), „Wehmut“, „Totengräbers Heimwehe“ oder „Der Tod und das Mädchen“ sind im Grunde von der Tiefe aus betrachtet noch eindrucksvoller als bei einem Bariton. Bauer Kanabas Stimme hat dabei eine lichte Note, man wird erst, wenn er tief herabsteigt wieder daran erinnert, dass er ein astreiner Bass ist. Das sind große Augenblicke – „Dunkle Träume“, „ins tiefe Grab!“, „in tiefer Ruh“. Nachher auch „Der Atlas“, bei dem die Bassstimme so sehr bei sich selbst ist, um im „Abschied“ („Ade! du muntre, du fröhliche Stadt ...“) Haken zu schlagen. Bauer Kanabas kann sehr dunkle, sinistre Haken schlagen. Er kontrolliert dabei alle Nuancen, wunderbar die Textverständlichkeit, fabelhaft, wie sicher er das Leichte, Beiläufige herzustellen weiß, das das noch so heikle Kunstlied verlangt. Nur für Sekunden wird er wuchtig, dann aber wirklich.

Das Zusammenspiel mit Daniel Heide ist wie über Jahrzehnte gewachsen, eine Selbstverständlichkeit, die keinen Blickkontakt benötigt. Nicht nur im „Abschied“ vollzieht Heide auch mimisch das Geschehen allerliebst nach. Das Auseinandernehmen der üblichen Abfolge ist dramaturgisch gewieft. Auf „Der Tod und das Mädchen“ folgt nun „Das Fischermädchen“, ein weiteres Kosen, Locken und Beruhigen, aber (hoffentlich) ganz anderer Natur.

Spaßeshalber – aber damit soll man an sich keine Witze machen – kündigte Bauer Kanabas als Zugabe „Wotans Abschied“ an, und während das Publikum schon japste vor Glück, war es dann doch „Der Erlkönig“. Rasant angegangen, perfekt durchgezogen. Zur allgemeinen Beruhigung noch „Wandrers Nachtlied“, „Der du von dem Himmel bist“.

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