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Language Trio in der Romanfabrik Frankfurt: Die Pranke und die Zärtlichkeit

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Von: Stefan Michalzik

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Inner Language Trio.
Inner Language Trio. © privat

Christoph Stiefel mit seinem Inner Language Trio in der Romanfabrik.

Seit mehr als zwei Jahrzehnten macht sich der Schweizer Jazzpianist Christoph Stiefel die in der mittelalterlichen Motette gebräuchliche Kompositionstechnik der Isorhythmie zunutze. Das Wort steht im Griechischen für gleichrhythmisch; in der Praxis etwa bei Guillaume de Machaut oder Orlando di Lasso wird ein rhythmisches Grundgerüst unabhängig von der melodischen Entwicklung mehrfach wiederholt.

Nun gastierte der 60-jährige Zürcher mit seinem gleichfalls vor gut 20 Jahren gegründeten und nach langer Kontinuität zwischenzeitlich umbesetzten Inner Language Trio in der Romanfabrik Frankfurt. Ein Konzert in Zusammenarbeit mit der Jazzinitiative, noch geplant von Michael Hohmann, dem im Dezember vergangenen Jahres unvermutet verstorbenen langjährigen Leiter der Romanfabrik, der auch jenseits der Literatur ein umtriebiger Trüffelsucher war.

Die Anwendung der isorhythmischen Technik nimmt in Christoph Stiefels Praxis die Gestalt eines Klavierspiels von kantig-perkussiver – mitunter hinlangend bis zur förmlichen „Pranke“ oder Clusterschlägen – wie auch melodiös-balladenhafter Zartheit an. Was die perkussive Seite anlangt, scheinen hier und da von fern Thelonius Monk und Cecil Taylor als Paten zu grüßen. Doch der Ansatz ist ganz eigen.

Fast schon wie in der Bar

Da ist eine kompositorische Stringenz in untrennbarer Einheit mit dem improvisatorischen Geist. Häufig beginnen die Stücke, etliche davon vom jüngsten Album „Chutes and Ladders“, in einer kammermusikalischen Intimität und gerne auch mit einem der Instrumentalisten allein. Es hat Momente, die beinahe schon an den Barjazz erinnern (ohne sich ihm tatsächlich hinzugeben). Und dann, ein charakteristisch wiederkehrendes Prinzip, dynamische Wechsel innerhalb einer Komposition, bis hin zu überschäumender Furiosität.

Tobias Backhaus – die beiden Mitmusiker sind eine Generation jünger als der Leader – fasst das Schlagzeug einerseits als Melodieinstrument auf, dann wieder treibt er die Musik mit einem delikat federnden Groove an. Speziell die herausgehobenen Parts des Bassisten Lukas Traxel lassen das klassische Solospiel hinter sich: von rhythmischer Verve getriebene Wiederholungen von Figuren, gerne auch verwoben mit Scatgesang.

Seine individualstilistische Furche beackert Christoph Stiefel glorreich. Sein Ansatz ist ein gegenwärtiger, mit einem jazzhistorischen Bewusstsein, das über sich selber hinausweist.

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