Auf dem Weg
Die Kronberg Academy mit fabelhaften Häppchen zu Gast in der Alten Oper Frankfurt.
Groß ist der Altersunterschied nicht zwischen sehr bekannten Alumni und den jungen Mitgliedern der Kronberg Academy, die in der Alten Oper ein gut einstündiges Programm mit den „Best-of“ ihres Lehrplans präsentierten. Der knappen Zeit, die das Virus den Frankfurter Konzerten derzeit lässt, war das Häppchen-Programm geschuldet. Nur einzelne Sätze kammermusikalischer Leuchttürme kamen zu Gehör.
Vilde Frang, Nils Mönkemeyer, Claudio Bohórquez sind Namen, die sich schon längst im Musikbetrieb durchgesetzt haben. Lara Boschkor, Jonian Ilias Kadesha, Seiji Okamoto, Karolina Errera und Julia Hagen, zwischen 1992 und 1999 geboren, werden, so wie sie jetzt das Podium im Großen Saal beherrschten, wohl auch ihren Weg machen. Manchmal waren die Jungen fast ganz unter sich – so bei einigen Sätzen aus Dimitri Schostakowitschs g-Moll-Klavierquintett von 1940 (exzellenter pianistischer Begleiter des Abends war Michail Lifits). Immer fiel dabei ein extrem zurückhaltender, sehr lyrischer Ton auf, der Schostakowitsch besonders gut bekam, bei Antonín Dvoráks „Dumka“ aus seinem 2. Klavierquintett aber doch zu viel noblen Trauerflor und unfrischen Lyrismus mit sich führte. Instrumentaltechnisch wurde oberstes Niveau geboten, auch eine Souveränität in der Artikulation, die verblüffte.
Wo die „Alten“ (bei Brahms etwa) eher extravertiert und expressiv ihre Klangbildung gestalteten, da blieben die „Jungen“ durchgängig sublimer, introvertierter und auf homogene Klangbildung bedacht. Manchmal schien man sich auf die geänderte Saalakustik mit ihren vielen leeren Plätzen nicht gut eingestellt zu haben. Magerkeit, dünne, fast wispernd nur ans Ohr des Zuhörers gelangende Klangemissionen schwebten im Raum, die sich auch noch ungut mit dem tinnitus-artigen Geräusch der Frischluftumwälzanlage vermischten.
Begonnen hatte der Abend furios mit einem Satz von Hugo Wolfs „Italienischer Serenade“ in G-Dur. Das war ein phänomenaler Einstieg in extrem angezogenem Tempo. Wie getupft und gestrichelt dabei und die gestischen Kehren und Wendungen in großer Brillanz bewältigt. Ein spätromantisch-motorischer Prä-Expressionismus, der unter der Primaria-Leitung Vilde Frangs stand.
Am Ende wurde das Presto aus Felix Mendelssohn Bartholdys Es-Dur-Oktett von „Alten“ und „Jungen“ gemeinsam bestritten. Eine ähnliche Parforcejagd wie zu Beginn. Nur dass hier pure Bogenstrich-Rasanz herrschte, die zwar mit ihrem Dauerstretta-Populismus den Applaus provozierte, das Stück aber zur Etüde für Zappelphilippe degradierte.