1. Startseite
  2. Kultur
  3. Musik

John McLaughlin zum 80.: Einfach nur spielen

Erstellt:

Von: Harry Nutt

Kommentare

Der englische Musiker John McLaughlin.
Der englische Musiker John McLaughlin. © dpa

Zum 80. Geburtstag des Gitarrenvirtuosen John McLaughlin.

Irgendwann während des Lockdowns 2020 hat John McLaughlin es vielen seiner Kollegen gleichgetan – einfach nur spielen. Und so ist es möglich, dass YouTube und andere Streaming-Portale heute zahlreiche Wohnzimmer-Konzerte vorhalten, die namhafte Bands unter geringem technischen Aufwand in Heimarbeit produziert und ihren Fans zur Verfügung gestellt haben: die Rolling Stones zum Beispiel, Roger Waters und – mit der ganzen Familie – John C. Fogerty von Creedence Clearwater Revival. Im Fall von John McLaughlin, der heute 80 Jahre alt wird, heißt die Band The 4th Dimension, zusammen mit seinen Kollegen Gary Husband, Ranjit Barot und Etienne Mbappe gibt er einen Klassiker seines Mahavishnu Orchestra zum Besten: „You Know, You Know“.

Was man kennt und in dem Clip auch sehen kann, ist die ewigjunge Coolness des 1942 in Kirk Sandall, Yorkshire geborenen Gitarristen John McLauhlin, verknüpft mit Perfektion. Mit entwaffnender Leichtigkeit gleiten die Finger über den Gitarrenhals und entlocken dem Spielgerät Töne, für die viele Kollegen den Körper unter Verzerrung der Gesichtszüge verbiegen. In Sachen Haltung und Stilkunde galt John McLauhlin seit jeher als Vorbild an Eleganz, selbst wenn er zu Live-Konzerten in karierten Shorts auftrat. Seine Musik aber zeichnete sich stets durch einen warmen Klang aus, egal in welcher Stilrichtung er gerade unterwegs war.

Sein Weg, einer der einflussreichsten Jazzmusiker und Anführer der Fusion-Bewegung zu werden, verlief zu Beginn der 60er Jahre über den Blues. Erste wichtige Partner waren der Organist Brian Auger und Georgie Fame, zusammen mit den späteren Cream-Heroen Jack Bruce und Ginger Baker spielte er in der Graham Bond Organization. Obwohl der Starkult jener Jahre einen enormen Personalbedarf entwickelte, blieb McLaughlin zunächst ein Mann im Hintergrund. Er wurde für Tourneen der Soul-Formation Four Tops gebucht und begleitete Wilson Pickett. Der Ruf ins Studio zu Miles Davis und der Mitwirkung an dessen bahnbrechenden Alben „Bitches Brew“ und „In A Silent Way“, das als erstes Fusion-Album des großen Jazz-Trompeters gilt, dürften auch für John McLaughlin richtungsweisend gewesen sein.

Experimentierfreude und der Wille zur Form waren gleichermaßen die Leitplanken zu dem ausufernden, zwischen 1968 und 1971 entstandenen Jazz-Oper-Projekt „Escalator Over The Hill“ von Carla Bley, in dessen Dienst John McLaughlin seine verfeinerte Gitarrenkunst stellte. Danach war die Zeit reif für die Gründung des Mahavishnu Orchestras, mit dem McLaughlin zusammen mit Billy Cobham, Jan Hammer, Jerry Goodman und Rick Laird der Fusion-Idee eine Richtung gab, die von McLaughlins hinduistischem Guru Sri Chinmoy inspiriert wurde.

Später, als seine musikalischen Suchbewegungen auch schon einmal als Weltmusik diskreditiert wurden, kamen andere Kollegen hinzu. In dem Projekt Shakti widmete er sich vorübergehend klassischen indischen Musikrichtungen, ehe er 1980 zusammen mit dem Flamenco-Gitarristen Paco de Lucia und Al Di Meola auch in kommerzieller Hinsicht den Durchbruch erzielte mit dem über zwei Millionen Mal verkauften Live-Album „Friday Night in San Francisco“.

Die Virtuosität der Instrumentalisten und deren feines Gespür für ihr Zusammenspiel wurde massenkompatibel und trug zur Blütezeit des Jazz sowie seiner vielfältigen Variationen bei, die vorübergehend häufig auch außerhalb verrauchter Kellerlokale zu hören waren.

Eine vollständige Chronologie seiner Kooperationen fällt schon deshalb schwer, weil nie ganz genau zu erkennen ist, wo ein eigenes musikalisches Projekt Konturen annahm – etwa mit Carlos Santana – oder wo John McLaughlin lediglich als Sideman in Erscheinung trat.

Das hat auch die Einschätzung seines Ranges nicht gerade erleichtert. Während der „Rolling Stone“ John McLaughlin 2017 auf Platz 68 der besten Gitarristen listet, war er für den Kollegen Jeff Beck, der in einigen dieser Listen weit über ihm rangiert, schlicht der größte lebende Gitarrist.

Auch interessant

Kommentare