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Jazz
Jazz-Oldies aus den funkigen Goldies
- vonStefan Michalzikschließen
Die hr-Bigband arrangiert im Livestream Kompositionen von Joe Zawinul und Herbie Hancock.
Grundlegend für die Ära des Fusionjazz um 1970 ist neben dem Einfluss des Funks von Sly & The Family Stone und James Brown die Elektrifizierung gewesen. Naturgemäß waren es die Keyboarder, die einen maßgeblichen Anteil daran hatten, richtungsweisend Herbie Hancock und Joe Zawinul, beide zunächst im Quintett von Miles Davis, auf Alben wie „On the Corner“, „In a Silent Way“ und „Bitches Brew“, Zawinul später bei der seinerzeit überaus populären Band Weather Report, Hancock vor allem auch mit seinen „Headhunters“.
Profundes Raffinement
In ihrer Livestreamreihe „Act Local – Fokus Rhein-Main“ lädt die hr-Bigband in der Zeit der kulturabträglichen Pandemiemaßnahmen verdienstvollerweise markante Solisten aus der Region ein. In der fünften Folge, die der Musik von Hancock und Zawinul galt, waren dies die Bassistin Franziska Aller, die Perkussionistin Angela Frontera sowie der Keyboarder und Pianist Ulf Kleiner.
Das von Lars Seniuk profund geleitete Konzert lotete das Spektrum des Genres zwischen furios pulsierenden Grooves auf der einen Seite und weitläufigem kontemplativem klangfarblichem Raffinement auf der anderen wirkungsvoll aus. Früh zog die Musik aus anderen Weltregionen in die Fusion ein, einen späteren Meilenstein für die Beschäftigung mit afrikanischer Musik stellte das 1976 erschienene Album „Black Market“ von Weather Report dar. Mit dessen von Joe Zawinul komponiertem Titelstück wurde das Konzert in einem Arrangement des Chefdirigenten der hr-Bigband, Jim McNeely, eröffnet, leise perkussiv-vokal eingeleitet von Angela Frontera.
Unter anderem in den beiden Herbie-Hancock-Nummern „Sun Touch“ und „Hang Up Your Ups“ – hier stammen die Arrangements von McNeelys Vorgänger Örjan Fahlström – präsentierte sich Ulf Kleiner als Meister der Sounds an Synthesizer und Fender Rhodes Piano; gar auch dem Flügel vermag er eine frappierende Funkyness einzutreiben. Eine wirksame Präsenz ebenfalls im Sinne der Funkyness kam Franziska Aller mit ihrem elastischen Spiel auf – selbstredend elektrischem – Bass zu. Kompakt und fern einer ausgiebigen virtuosen Selbstdarstellung die solistischen Auftritte von Musikern aus der Bigband wie Tony Lakatos am Tenorsaxofon, dem Trompeter Axel Schlosser, dem Gitarristen Martin Scales und Jean-Paul Höchstädter am Schlagzeug.
Was den Bildschnitt anbelangt warten die Livestreams der hr-Bigband mit dem Qualitätsstandard einer Fernsehproduktion auf – der arg holprig wirkenden vereinzelten psychedelischen Farbeffekte allerdings hätte es nicht bedurft.