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Mit Inbrunst an Bach vorbei

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Von: Stefan Schickhaus

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Das Schwedische Kammerorchester stellt in Kloster Eberbach sein „Brandenburg Project“ vor.

Man muss das verstehen. Maya Beiser ist schon eine ganz besondere Cellistin. Ein Cello-Vamp, die in Plateau-Stiefeln auftritt und mit schwarzem Mantel, die ihre mächtige Mähne bändigt und ihrem ebenso mächtigen Cello-Ton dafür freien Lauf lässt. Man muss das verstehen, dass der Komponist Mark-Anthony Turnage für sie ein Violoncello-Konzert schreibt und es „Maya“ nennt. Obwohl die Aufgabe doch eine ganz andere gewesen wäre.

Doch der Reihe nach. Unter dem Titel „The Brandenburg Project“ startete das Rheingau Musik Festival eine kleine Konzertreihe, die im kommenden Festspielsommer fortgesetzt werden wird und die in Sachen Programmidee nachgerade eine Sonderstellung einnimmt im Festivalangebot.

Eingeladen nach Kloster Eberbach war dazu das Swedish Chamber Orchestra und dessen Dirigent Thomas Dausgaard, die ihrerseits sechs renommierte Komponistinnen und Komponisten eingeladen hatten, jeweils zu einem von Bachs Brandenburgischen Konzerten ein Gegenstück zu komponieren. Die Besetzung sollte vergleichbar sein, näher war die Aufgabe nicht umrissen. Der Brite Turnage schuf ein Pendant zum ersten Brandenburgischen, diesem Sologruppen-Spielstück mit den drei Oboen und den zwei Hörnern. Und heraus kam das – nun zum ersten Mal in Deutschland aufgeführte – Cellokonzert „Maya“, bei dem zwar auch Oboen und Hörner assistieren durften, das aber darüber hinaus nichts mit Bachs BWV 1046 zu tun hat.

Wäre die Aufgabenstellung gewesen, Edward Elgars berühmtes dunkel-melancholisches Cellokonzert weiterzudenken, wäre der Weg nicht weit gewesen. Denn in „Maya“ hebt Maya Beiser, die in Israel aufgewachsene New Yorker Cellistin, an zu einer großen Elegie. Toller Ton, inbrünstiges Lamento, starker Auftritt, das jedenfalls.

Auch das zweite Brandenburgische Konzert war hier im Kontrast zu seinem neuen Kollegen zu erleben, und was dabei zu allererst auffiel: Der schwedische Star-Trompeter Hakan Hardenberger ist ein extrem versierter Solist für Neue Musik, bei Bach aber nicht zu Hause. Das zweite Brandenburgische verlangte ja eine Flöte, eine Violine, eine Oboe und eine Trompete als Soloinstrumente, wobei Hardenberger mit seinem unruhigen Ton und seiner sehr eigenen Tempovorstellung das Ensemble ziemlich sprengte.

Ohnehin ist diese Besetzung, hört man sie auf modernen Instrumenten wie hier, eine in der Balance immer heikle Angelegenheit. Und nicht jeder ist eine so mustergültige Ensemble-Kraft wie die Geigerin Antje Weithaas, die einem Hardenberger jederzeit vormachen kann, wie man auf andere hört.

Bei dem sich bruchlos an Bach anschließenden „Triceros“ für Trompete und Kammerorchester des 1956 in Frankfurt geborenen US-Amerikaners Steven Mackey war Hakan Hardenberger dann ganz in seinem Element. Im Stil eines pulsierenden Concerto Grossos jagen hier vier Solisten durch brillante Spielfiguren, das Stück hat eine Sogwirkung und rhythmischen Witz. Geht also mit Bach hand in Hand. Und es endet mit dem originalen Bach-Schluss, als wäre es eine groß angelegte Kadenz zu BWV 1047. Sehr gelungen, sehr wirkungsvoll.

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