hr-Sinfoniker: Instrumentaltheater
Das hr-Sinfonieorchester mit dem Pianisten Pierre-Laurent Aimard.
Richard Wagner und der Wagner-Renegat Claude Debussy bestimmten das hr-Sinfoniekonzert in der Alten Oper. Vom einstigen Vorbild Debussys wurde Orchestermusik, vom Adoranten des Meisters auf dem Grünen Hügel ein als „Fantasie“ getarntes Klavierkonzert gespielt. Instrumentalkonzert und reine Orchestermusik – beides keine Gattungen, die zur Kernkompetenz der musikalischen Leuchttürme diesseits und jenseits des Rheins gehören.
Wagner hatte Orchesterfassungen aus Partien seines „Ring des Nibelungen“ angefertigt, um damit Werbung für die Opern-Tetralogie zu machen. Großsinfonische Schmankerln, die Appetit auf mehr wecken sollten. Als Meister von Gehör- und Seelenmassagen wusste er die richtigen Partien zu wählen und als Experte tonsetzerischer Ökonomie diejenigen, wo sich der Vokalverzicht am leichtesten verschmerzen ließ.
Energie fürs Waldvögelein
Beim Einzug der Götter in Walhall und bei Siegfrieds Trauermarsch, beides zeremoniöse Vollzüge, war das gar keine Frage. Bei Siegfrieds Kommunikation mit dem Waldvögelein dagegen musste mehr Bearbeitungsenergie aufgewendet werden. Der Walkürenritt wiederum funktioniert auch ohne die ausgestoßenenen Hojotoho-Rufe der Töchter Wotans. Heute gehört diese einstige Selbstvermarktung Wagners zum klingenden Hausschatz von fast jedem und so wirkte es denn auch beim hr-Sinfonieorchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Alain Altinoglu. Ein kaum Raumklang bildendes, deftig knatterndes und schepperndes, verohrwurmtes Instrumental-Theater, das perfekt geboten wurde.
Auf gleiche Weise war der Abend mit der „Tannhäuser“-Ouvertüre eröffnet worden. Der Pilgerchor mit seiner gleichsam den Raum durchquerenden Dynamik von Annäherung und Entfernung blieb leider unterbelichtet.
Den Antagonisten stellte Claude Debussys frühe Komposition von 1890 dar. Ein gegenüber der griffigen, bildhaften Klangbildung Richard Wagners distanziertes Geschehen, das aber noch nicht auf der Höhe der späteren Formatierungskunst des französischen Meisters ist. Schwergängige Klangzüge und eine unklare Rolle des Klaviers, das Pierre-Laurent Aimard spielte. Es war teils reine Zusatzstimme, teils Oberflächenornament des Tutti. Die unbezügliche Selbstläufigkeit eines beigeordneten Konstrukts. Solist und Orchester konnten dieser Sache nicht allzuviel abgewinnen.
Interessant die Aimard-Zugabe: „Ankunft bei den schwarzen Schwänen“ von 1861. Eine prä-tristanische Reflexion Wagners aus einer pianistischen Halbschatten-Welt.