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hr-Sinfonieorchester im All: Von Menschen und Instrumenten

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Von: Judith von Sternburg

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„Spotlight“ mit Astronaut Maurer in der Alten Oper. Foto: Alte Oper
„Spotlight“ mit Astronaut Maurer in der Alten Oper. Foto: Alte Oper © Ben Knabe

Horizonterweiterung beim „Spotlight“-Konzert mit dem hr-Sinfonieorchester und dem Astronauten Matthias Maurer.

Während der Mensch also ohne Unterlass darauf besteht, ganz anders zu sein als alles andere und alle anderen, verpasst er allem und jedem, den er trifft, eine menschliche Eigenschaft. Vom fleißigen Bienchen an der heimischen Geranie bis zum kriegerischen Mars weit draußen im Sonnensystem. Nachher kommt er ins Bild und kann kein Wässerchen trüben. Gustav Holsts „Die Planeten“ sind ein prächtiges Stück Musik, aber sobald man über das Weltall nachzudenken beginnt, ist es auch etwas übersichtlich, von dort die Überbringer von Krieg und Frieden, Fröhlichkeit und Alter zu erwarten.

Nun interessierte sich Holst allerdings auch eher für Astrologie und Mystik, während der Stargast beim „Spotlight“-Gesprächskonzert des hr-Sinfonieorchesters der Astronaut Matthias Maurer war. Maurer war 2021/22 auf der Raumstation ISS. Wie vermutlich alle, die die Kugel unter uns von außen gesehen haben, hat er einen zärtlichen, von Vorurteilen durch eigene Anschauung befreiten Blick auf die Erde. Man hängt an seinen Lippen, auch wenn er im randvollen Saal der Alten Oper Frankfurt das Übliche sagt: Von außen begreife man, dass die Erde ein Raumschiff sei, eine Ganzheit und das einzige, das uns zur Verfügung stehe. Den Klimawandel sehe man vom All aus, wenn man etwas Vorwissen habe: den dunkelgrünen Regenwald und die hellgrüneren Ackerflächen erkenne, dazwischen Rauchsäulen, wo der Wald abgebrannt wird.

Die Bomben auf Mariupol

Wunderschön seien bei Nacht die beleuchteten Städte. Südkorea sehe aus wie eine Insel, weil Nordkorea ein schwarzes Loch sei. Seit dem 24. Februar sei auch die Ukraine schwarz. Das Bombardement etwa Mariupols sei zu sehen gewesen. Auf der ISS auch Russen, alle da oben, so Maurer, seien entsetzt gewesen, alle gegen den Krieg.

Seine Hässlichkeit, die des Krieges, lässt Holst nicht hören, im ersten, Mars gewidmeten Stück der Orchestersuite. Es ist ein spannendes Säbelrasseln, begeisternd wie ein Filmvorspann. Dirigent Hugh Wolff wurde von dem Moderator Dirk Wagner (für Connaisseure: Weltraumwagner, wie sein Podcast) auch gleich gefragt, ob das nicht „Krieg der Sterne“-Musik sei. In der Tat, aber 20 Jahre vor John Williams’ Geburt entstanden, so Wolff. Also geklaut, so der Moderator, der sich im All offensichtlich besser zurechtfindet als in den Gefilden der von Diebstählen extrem betroffenen Musik. Selbstverständlich geklaut, sagte Wolff.

Die „Spotlights“ haben unter Andrés Orozco-Estrada begonnen, es war hinreißend, wenn er in Details ging, auch zusammen mit dem Orchester. Diesmal der ins Extraterrestrische erweiterte Blick. Immerhin war Gelegenheit, Raritäten hochzuhalten, ein Euphonium, eine Bassoboe. Alles sei dabei, sagte Wolff, wirklich alles.

Das Orchester, dieses personalintensive Wunderwerk spiegelte sich, wenn man so wollte, in den Bildern von der ISS und ihrem Instrumentarium, darin allein der Astronaut, Loopings fliegend. Es gibt keinen Grund zu Optimismus, aber es gibt Augenblicke, in denen der Mensch einem imponieren kann. Musik und Weltraumforschung eignen sich sehr dafür.

Beim hr-Sinfoniekonzert am heutigen Freitag gibt es „Die Planeten“ gleich noch einmal. Das nächste „Spotlight“ ist schon am 16. März. www.alteoper.de

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