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Frankfurter Museumskonzert: Auf sinfonischer Raumpatrouille

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Von: Bernhard Uske

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Ein Traum-Tandem: Der Pianist Sergio Tiempo und der Dirigent Alexander Prior beim Frankfurter Museumskonzert.

Locker hätte man das Programm des 3. Museumskonzerts als ein filmmusikalisches formatieren können, denn sowohl Sergej Rachmaninow und Modest Mussorgskij als auch Gustav Holst sind von Hollywood wie ein Schwamm aufgesogen worden. Mit dem Spürsinn einer Fabrik der Träume, die für Schmelz, Horror, Bombast und kosmische Dinge in besagten Namen glänzende Fundstücke auditiver Attraktion bergen konnte. Direkt hat Walt Disney Mussorsgskijs „Die Nacht auf dem kahlen Berge“ in „Fantasia“ zeichentrickreich visualisiert. In der gefälligen Bearbeitung, die von Rimsky-Korsakoff stammt.

Im Großen Saal der Frankfurter Alten Oper erklang jetzt die Originalfassung, die den Titel „Johannisnacht auf dem Kahlen Berg“ trägt und in ihrer sperrigen und schroffen harmonischen, rhythmischen und klangfarblichen Erscheinung kaum wiederzuerkennen war. Ein Muster des mussorgskijschen „back to the Russian roots“: Autochthonizität als Avantgarde. Verstärkt durch die enorme Spannung und Energie, die der 27-jährige russische Dirigent Alexander Prior dem Werk zuteil werden ließ.

Weitschweifender, schwermütig-aufrauschender, sich in Anläufen immer höher windender, von Klavierfigurationen umrankter Streicherfluss, changierend zwischen Dur und Moll, immer mächtiger und bohrender – das ist die Universal-Signatur des filmischen Liebestragödien-Plots geworden. Eine Inspiration, die sich Sergej Rachmaninow verdankt.

Solch einen Fluss beschert der Komponist in seiner Paganini-Rhapsodie für Klavier und Orchester, wo sich jetzt ein phänomenaler Pianist präsentierte, Sergio Tiempo aus Venezuela, der mit dem Dirigenten ein Traum-Tandem bildete.

Die beiden gaben allen Aspekten des Werks in wirbelnder, schlagender aber auch miniaturisierter, subtiler Gestalt das Ihrige. Dabei völlig unangestrengt, perlend und kristallin. Der für Rachmaninows Verhältnisse exponierte, regelrecht aufgebrochene Satzbau mit sprunghaften, perspektivisch wechselnden, rasanten Verlaufsentwicklungen wurde meisterlich realisiert. Tiempo und Prior – die Namen muss man sich merken.

1917 hatte Gustav Holst sein einziges berühmt gewordenes Werk, „Die Planeten“, komponiert. Lange vor jeder den riesigen sinfonischen Dimensionen gewachsenen filmischen Umsetzungsmöglichkeit. Und doch: eine sinfonische Raumpatrouille von Planet zu Planet. Es wurde erst spät von den Blockbustern der Sternenkriege eingeholt.

Bei Holst sind mit den Beeindruckungs- und Überwältigungsperspektiven der siebensätzigen Sphären-Harmonie und -Disharmonie astro-anthroposophische Obertöne verbunden. Ein Klangkosmos, dessen Unerschütterlichkeit und Unausweichlichkeit von der rohen Gewalt bis zum luziden Vokalhauch reicht. Das wurde vom Damenchor der Oper Frankfurt und dem Museumsorchester überwältigend vermittelt.

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