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Edie Brickell & The New Bohemians
Edie Brickell „Hunter and the Dog Star“: All die Wesen, über die sie singt
- vonPhilipp Kauseschließen
Edie Brickell & The New Bohemians mit dem erfrischenden Album „Hunter and the Dog Star“
Edie Brickell wuchs in der Punk-Ära auf und wurde Teil des Folk-Revivals, das Suzanne Vega, Shawn Colvin und andere in den 80er Jahren in den USA auslösten. Beide Szenen lassen sich bis heute in ihrer Musik hören, aber auch Alternative und Americana. Edie, Texanerin und Ehefrau von Paul Simon, wurde anfangs mit ihrer Band The New Bohemians gut im US-Markt aufgenommen, spielte gleichwohl nur selten Alben ein. In den letzten Jahren wurde sie etwas aktiver, reicher an Output.
„Hunter and the Dog Star“, ein schönes Werk
Nun erscheint „Hunter and the Dog Star“ (Jäger und der Hundsstern, Sirius), ein schönes Werk mit eingängigen Melodien und fantasievollen Texten. Die Songwriterin schreibt ihre Lieder selbst, wurde jedoch mit einer markanten Coverversion von Dylans „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“ so richtig bekannt. Die LP „Shooting Rubberbands At the Stars“ enthielt 1988 bereits das Programm der damals 22-Jährigen: straighte Gitarren-Songs mit viel Inhalt. Stilistisch klingt sie größtenteils wie damals.
Heute ist Edie Brickell 54 Jahre alt und leitet eine Männer-Band mit zwei Background-Sängerinnen, eine ganz neue Generation von Mitspielern. Sehr neue New Bohemians gewissermaßen. Ihr in Austin entstandenes Album sprüht nur so vor grandiosen Kompositionen. Ob „Don’t Get In the Bird Dirty“ oder das in tiefen Resonanzen und mit glockenhellem Gesang umgesetzte „I Don’t Know“ – etliche Stücke gehen sofort ins Ohr.
Das Album:
Edie Brickell & The New Bohemians: Hunter and the Dog Star. Shuffle/Membran.
Klirrende Keyboard-Loops
Für „Stubborn Love“ wählt die Storytellerin die olympische Erzählperspektive, was ihr immer besonders lag. Sie skizziert eine Bowling-Halle, es ist abends, man trinkt kühles Bier. Klirrende Keyboard-Loops und ein Schlagzeug mit der Erdenschwere von Bowling-Kugeln umschwirren und grundieren die Geschichte höchst atmosphärisch.
Auch das zarte, folkige Stück „Rough Beginnings“ überzeugt, dezent keltisch im Klang, ansatzweise an Banjo-Country erinnernd, aber dann wieder elegant. Mit Upbeat und discolastigem Wumms dreht das schöne, New Wave zitierende „Tripwire“ auf. Einen bluesigen Bezugspunkt greift sich Brickell in „Horse’s Mouth“ samt einer wunderschönen Klavierpassage. Hund, Schlange, Pferd ziehen im Text vorbei.
Edie Brickells mädchenhafter Stimme bezirzt, auch wenn das Lied auf „Arsch“ endet. Die Wortwitz liebende Songschreiberin kehrt das Idiom von der Information „aus erster Hand“ (straight from the horse’s mouth) hier um: Ist jemand nicht loyal, so erfährt man davon aus des Pferdes Hinterteil „the horse’s ass“.
Edie Brickell hat einiges an Power
Wie Brickell in „My Power“ singt, hat sie einige Power. Die braucht sie auch, im Umgang mit all den Wesen, die ihre Texte bevölkern: Elefanten, Roboter, Drachen, Dinosaurier, Tintenfische, Astronauten, Adler, Skorpione, Hexer, hungrige Geister... Alle können hier Inspirationen tanken und sicher auch Schwung und Frohsinn in der Corona-Zeit. Denn diese Songwriter-Platte ist zwar „Alternative“, ein bisschen spleenig auch, dazu aber direkt, erfrischend und unkompliziert.