Drei Zündstufen

Der Brite Jake Bugg im Frankfurter Gibson will hoch hinaus und zeigt das unmissverständlich an.
Von Stefan Michalzik
Ein schmächtiger junger Kerl, ganz allein auf der Bühne mit seiner akustischen Gitarre. Bei den ersten Liedern begleitet er sich mit einem kunstfertigen Fingerpicking, später wechselt er in ein Schlaggeklampfe über. Die mit reichlich Hall unterlegte Stimme ist an den alten Heroen des Deltablues orientiert.
Kein Wunder, könnte man zu Beginn des Konzerts von Jake Bugg im Frankfurter Gibson denken, dass der Knabe so viele Vergleiche mit Bob Dylan auf sich gezogen hat. Nach einer Handvoll akustisch solo vorgetragener Nummern aber lässt der inzwischen 22-Jährige, aus einem „Problemviertel“ von Nottingham stammende Brite mit der Mod-Frisur sich die elektrische Gitarre reichen und seine Band kommt auf die Bühne. Nun stehen plötzlich der Beat der sechziger Jahre und seine Reinkarnation als Britpop in den Neunzigern als Bezugsgrößen im Raum.
Simon Reynolds, übernehmen Sie! Bugg nimmt sich die Pophistorie jedoch vor, um daraus eine Musik von ureigener Prägung zu schöpfen. Ständig wechselt er die Gitarren. Er rockt wie Schwein und legt auch mal – wie altmodisch – ein kernig-sattes Solo hin. Eine Reihe von Songs erinnert dann wiederum der hohen Stimme wegen an die Bee Gees der sechziger Jahre („Massachusetts“ also, nicht „Night Fever“). Immer mal wieder fährt Bugg das Tempo herunter und legt eine flauschige, mal auch von der Orgel geprägte Ballade ein: Soul überführt in Softpop. Auf seinen Aufnahmen versteht er sich auf derlei sanfte Töne, an diesem Abend hingegen ist das nicht seine stärkste Seite.
Vorbei heißt vorbei
Auf das Finale zugehend, zündet Bugg eine dritte Stufe. Die Songs galoppieren nach Manier des Cowpunks um 1980 herum mächtig nach vorne weg. Zum Schluss noch mal eine Ballade akustisch solo, „Broken“ vom Debütalbum, schließlich die gleichfalls daraus stammende Hitnummer „Lightning Bolt“ wieder im Galopp. Das ist die ohne das Ritual des Abgehens gleich angehängte „Zugabe“ – Licht an, vorbei, unmissverständlich.
Musikalisch wie habituell zeigt Jake Bugg deutlich an, wo er hin will: nach ganz oben – in die Stadien. Könnte gelingen – oder auch nicht. Das Konzert im Gibson war nicht ausverkauft, aber gut besucht, hier und da wurde mitgesungen.
Vier Jahre ist es her, dass Jake Bugg als damals noch 18-Jähriger mit seinem mit nichts als dem eigenen Namen benannten Debütalbum für Furore sorgte – der latente Rotzlöffel wirkt inzwischen so abgebrüht, wie wenn er das alles schon viel länger machen würde. Zum Nachteil gerät ihm das nicht. Zumindest einstweilen.