Das erste Beatles-Album: Tanzschaffe mit Knüller

Wie die Beatles vor 60 Jahren ihr erstes Album „Please Please Me“ aufnahmen.
Vor rund zehn Jahren war eine tolle Zeit. Da hatten die Beatles vor rund 50 Jahren die legendärsten Dinge gemacht, in denen man schwelgen konnte. Leider lösten sie sich relativ bald wieder auf, nicht in Luft, wohl aber als musizierendes, zunächst pilzköpfiges, alsbald langhaariges und -bärtiges Quartett. Jetzt ist wieder eine tolle Zeit, denn jetzt haben die Beatles vor rund 60 Jahren die legendärsten Dinge gemacht.
Beispielsweise haben die Beatles am heutigen Tag vor 60 Jahren ihr allererstes Studioalbum „Please Please Me“ aufgenommen. Die für Beatles-Jubiläen zuständige FR-Redaktion fand exklusiv heraus, dass die FR vor zehn Jahren darüber eher nicht berichtet hat. Ein Skandal.
Moment, die haben ihr Album „an diesem Tag“ aufgenommen? Niemand nimmt ein ganzes Album an einem Tag auf, das ist doch Präzisionsarbeit, werden Sie jetzt sagen. Ja, da ist was dran, aber nicht allzu viel, denn: Vier Songs gab es schon, und zehn haben sie an jenem 11. Februar 1963 aufgenommen. Die verrückten Kerle.
Wozu Zeit verschwenden?
Andererseits war das gar nicht so ungewöhnlich, wie in der „Beatles Bible“ zu lesen ist, worauf der Hauptinformant der Beatles-Jubiläen-Redaktion unseren Blick freundlicherweise lenkt. Damals spielten die Beatles ihre Gigs mehrmals pro Nacht in den Clubs rauf und runter, da saß alles aus dem Effeff. Wozu also Zeit verschwenden? Die erste Single hatte ein großes Echo gehabt, Manager Brian Eppstein wollte mit der Langspielplatte auf den Markt.
Richard Langham, Aufnahmetechniker im Abbey-Road-Studio, erinnert sich. Um 10 Uhr morgens ging es los. Um 13 Uhr war Mittagspause. Aber nicht für alle. Während die Studiocrew essen ging, seien die Beatles stur an den Instrumenten geblieben, Milch trinkend, erzählt Langham. „Als wir zurückkamen, hatten sie einfach durchgespielt. Wir konnten es nicht glauben. Wir hatten nie zuvor eine Band ihre ganze Mittagspause durcharbeiten sehen.“ Die Session für die zehn Nummern dauerte schließlich bis 22.45 Uhr.
Nun hat man vielleicht schon enormere Ausdauerleistungen auf der Welt gesehen. Es gibt Menschen, die in knapp 13 Stunden einen Iron-Man-Wettbewerb absolvieren, ebenfalls ohne Mittagspause, oder einen ganz normalen Journalistenarbeitstag. Aber die werden damit halt nicht berühmt. Die Beatles schon. Auch wenn sich etwa „Baby It’s You“ schon recht schräg anhört. Da war es freilich schon 22 Uhr. Das Studio daraufhin: Feierabend. Die Beatles daraufhin: Einen haben wir noch, und zwar „Twist and Shout“. John Lennon warf ein Rachenbonbon ein, berichtet Soundmixer Norman Smith, gurgelte mit Milch, weiter ging’s.
Dazu Lennon 13 Jahre später: „Der letzte Song hat mich fast umgebracht. Meine Stimme war danach nicht mehr dieselbe – schlucken war wie Schmirgelpapier. Du kannst hören, dass ich ein verzweifelt kämpfender Typ bin, der sein Bestes gibt.“ Also ungefähr wie die letzten 3000 Meter für die Iron Woman und die letzten zwölf Zeilen für die gebannt vor den Zeugnissen der Musikhistorie sitzende Beatles-Jubiläen-Redaktion.
Auf dem Album sind Evergreens wie „I Saw Her Standing There“, natürlich „Love Me Do“ und das originelle „A Taste Of Honey“ von Bobby Scott. Man sieht die Fab Four vor dem inneren Auge auf ihren Maultieren durch Mexiko traben. Ein Hit wurde der Song erst in Herb Alperts Instrumentalversion zwei Jahre später.
„Please Please Me“, knapp 33 Minuten lang, erschien in Großbritannien im März 1963. Platz 1. In Deutschland: Platz 5. Hier kam die Platte 1964 auf dem Hörzu-Label heraus und hieß „Die Beatles“, Untertitel: „Die zentrale Tanzschaffe der weltberühmten Vier aus Liverpool“, Werbesticker: „Please Please me und andere Knüller“.