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Das City of Birmingham Symphony Orchestra in der Alten Oper: Der nervöse Tonsatz

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Von: Bernhard Uske

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Mirga Grazinyte-Tyla leitet das City of Birmingham Symphony Orchestra beim Konzert in der Alten Oper Frankfurt. Foto: Wonge Bergmann
Mirga Grazinyte-Tyla leitet das City of Birmingham Symphony Orchestra beim Konzert in der Alten Oper Frankfurt. Foto: Wonge Bergmann © Wonge Bergmann

Mirga Grazinyte-Tyla, Kirill Gerstein und das City of Birmingham Symphony Orchestra in der Alten Oper.

Das City of Birmingham Symphony Orchestra begann sein Gastspiel bei den Sonntagabend-Konzerten der Alten Oper mit der „Sinfonietta Nr. 1 d-Moll“ von Mieczyslaw Weinberg – jenem jüdischen Komponisten, der nach der deutschen Besetzung Polens in die UdSSR emigrierte, dort zwar ein enger Freund Dmitri Schostakowitschs wurde, aber, was die sozialistische Kunstdoktrin und den stalinistischen Antisemitismus anbelangt, vom Regen in die Traufe kam. 1948 ist die Sinfonietta entstanden – eine überschaubar formidable Kreation, die aber immerhin mehr darstellt als die Unterhaltungsstücke, die es von dem 1996 im Alter von 77 Jahren verstorbenen Komponisten manchmal zu hören gibt.

Mirga Grazinyte-Tyla schuf mit dem Sinfonieorchester der Partnerstadt Frankfurts einen nicht zu kommoden Ton, wie man ihn sonst bei Weinberg-Interpretationen erleben kann. Dennoch steht das zur Zeit der Formalismuskritik Tichon Chrennikows entstandene Werk, das einen Hauch der Atmosphäre Prokofjews und Schostakowitschs und eine Menge folkloristischer Bewegtheit eines Aram Chatschaturjans hat, hinter vielen der 21 Sinfonien Weinbergs zurück. Mancher Leerlauf war zu rezipieren, bevor mit Robert Schumanns a-Moll-Klavierkonzert ein stärker verwobenes Gebilde folgte.

Kirill Gerstein war der Solist, der im entscheidenden Kopfsatz eine weniger fließende als vielmehr aufgebrachte Einsatzdramatik vortrug. Tonsatznervosität hätte man dazu sagen können, die sicherlich einen Teil Schumannscher Emphase und Aufgewecktheit traf, aber eben auch die schnell ins Schwebende, Sehnende und fast Träumende treibende Haltung vermissen ließ. An der genauen Präsenz der Tönesetzung gab es gar keinen Zweifel, und der graziöse Mittelsatz war dann perfekt auch im Einklang mit dem zuvor etwas steif agierenden Orchester. Im Finale rollte die Schumannsche Verve in beachtlicher Bewegung ab, im Fugato und dem Marcia-Komplex sehr viel in den Tasten wühlende Verschlossenheit.

Dem final präsentierten, durch die Dirigentin geschaffenen Verschnitt der drei Suiten aus Sergei Prokofjews „Romeo und Julia“ fehlte die spezifische Leuchtkraft der Farben. Dafür war die Tektonik stark ausgeprägt. Das tänzerische Moment blieb klein, schön waren die amourösen und moribunden Sequenzen; angemessen brachial das Kampfgetümmel der verfeindeten Clans.

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