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Auf den Spuren von Talk Talk: Shearwaters Erwachen

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Jonathan Meiburg
Jonathan Meiburg ist Leadsänger und Songwriter für Shearwater. © Bryan Parker/Bryan Parker/Cargo/dpa

Seit 20 Jahren nimmt Jonathan Meiburg mit seiner Band Shearwater ambitionierte, oft traurige Musik auf. „The Great Awakening“ bildet da keine Ausnahme - und erinnert an einen Artpop-Meilenstein.

Berlin - Jonathan Meiburg ist ein virtuoser Sänger - aber keiner für jedermanns Geschmack. Der Frontmann der US-amerikanischen Artpop-Band Shearwater lässt bevorzugt eine kristallklare Kopfstimme erklingen.

Und wie bei Mark Hollis, dem 2019 mit 64 Jahren gestorbenen Sänger der stilistisch verwandten Talk Talk, muss man sich darauf schon einlassen. Wenn man das tut, wird man auch mit dem neuen Shearwater-Album „The Great Awakening“ großzügig belohnt. Denn die elf Lieder sind von berückender, meist stiller Schönheit, und Meiburgs Falsett kann zu Tränen rühren.

Eine melancholische Reise

Wie kleine Gebete wirken diese Stücke, die aus der Traurigkeit geboren sind: Nach dem dramatischen Album-Vorgänger „Jet Plane And Oxbow“ (2016) und während der düsteren Trump-Jahre ging es Meiburg schlecht. „Ich fühlte mich hoffnungslos“, sagt der 46-Jährige aus Baltimore. „Und ich wollte keine hoffnungslose Musik machen.“

Der passionierte Vogelforscher Meiburg nahm also Abstand von Shearwater. Er studierte intensiv David Bowies berühmte Berlin-Trilogie („Low“, „Heroes“, „Lodger“), gab Instrumentalalben heraus und gründete eine neue Band (Loma) mit dem texanischen Produzenten Dan Duszynski und der Sängerin Emily Cross. Nach zwei Loma-Alben, die Brian Eno als Bewunderer auf den Plan riefen, kehrte der Sänger und Multiinstrumentalist 2020 zu seiner Stammband zurück.

„The Great Awakening“ erinnert mit seiner reduzierten Produktion und den kammermusikalischen Arrangements nun tatsächlich an „Spirit Of Eden“, das Meisterwerk von Talk Talk. „Milkweed“ beispielsweise, mit bedrohlich herannahendem Rhythmus, einem hallenden Klavier und teils atonalen Streichern, ist von ganz ähnlicher Radikalität - ebenso die prachtvolle Ballade „Aqaba“ oder das fast achtminütige „There Goes The Sun“.

Ob Jonathan Meiburg nun wieder Hoffnung hat? Man hört es diesem gedämpften, melancholischen Album und seiner meisterlich eingesetzten hohen Stimme nur bedingt an. Aber beeindruckend in seiner Tristesse ist „The Great Awakening“ allemal. dpa

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