Stephen-King-grüne Leute an ihrem Bett

Schriftstellerin Katja Lange-Müller liest im Frankfurter Literaturhaus aus ihrem Roman „Drehtür“. Und erzählt davon, wie Romanfiguren an ihrer Bettdecke zerren.
Gerade erst war sie ja da, als Poetikdozentin. Es ist Katja Lange-Müllers Frankfurter Jahr und es könnte noch frankfurterischer werden, da sich ihr neuer Roman ?Drehtür? keineswegs abgeschlagen auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis tummelt. Auch führt er die aktuelle SWR-Bestenliste an.
Nein, mit einem solchen Erfolg habe sie nicht gerechnet, sagte die Schriftstellerin jetzt im Literaturhaus, nicht mit diesem Buch. Vielleicht weil es so heiß war, dass man nicht klar denken konnte, fragte Moderator Alf Mentzer an dieser reizvollen Stelle (wieso nicht mit diesem Buch?) nicht direkt nach. Trotzdem bekamen beide ein interessantes Gespräch zustande. Lange-Müller berichteten von den Figuren, die in Stephen-King-Grün an ihrer Bettdecke zu zerren pflegen, offenbar um auf sich als mögliches künftiges Romanpersonal aufmerksam zu machen. Es sei ihr zudem aufgefallen, wie wenig Literatur es über einfache Krankenschwestern gebe, jenseits von Groschenromanen und schlechten Witzen.
Eine Zigarettenlänge
Sie erklärte, wie sie ihre Bücher vom Schluss her denke, so dass der Titel „Drehtür“ – zusammen mit dem entsprechenden Ausgang – in diesem ebenso früh festgestanden habe. Die Drehtür (zwischen Raucher- und Nichtraucherbereich) gebe es im übrigen genauso, wie beschrieben, am Münchner Flughafen. Auch stellte Lange-Müller klar, dass sie nicht huste, weil sie rauche, sondern weil sie einen Infekt gehabt habe – Zigaretten, ebenso Zigarettenlängen spielen eine Rolle für das Buch, aus dem sie Passagen des Kalkutta-Abschnitts las.
Hierhin verschlägt es Tamara (die der eigentlichen Hauptfigur später davon erzählt), die bei einer Lesung vor durch angezündetes Kochbenzin furchtbar gezeichnete Inderinnen einen derartigen Weinanfall bekommt, dass sie nicht lesen kann. Die Frauen trösten sie, das gibt ihr den Rest. Später laugt sie sich als eine der Helferinnen aus, von denen „Drehtür“ berichtet.
Mentzer fand sie sogar sehr ausgelaugt, Lange-Müller hingegen hob den Erfolg hervor, den Tamara dabei hat, 200 (und mehr!) Singer-Nähmaschinen als Existenzgrundlage für die versehrten Frauen zu beschaffen und zu expedieren. Mit dem Wort „Helfersyndrom“ ging Lange-Müller so gelassen um, wie ihre Protagonistin Asta, die nach jahrelangem Helfen allerdings deutlich erschöpft ist. Für die, denen geholfen werde – und Hilfe sei nun etwas, auf das viele Menschen angewiesen seien –, sei es egal, warum einer helfe.
Lange-Müller betonte im Literaturhaus, betonte vor allem in ihrer Poetikvorlesung, wie wichtig es ihr ist, dass Literatur Wort für Wort Wesentliches enthält. Dafür las sie überraschend nonchalant – und munter weiterblätternd, zwischendurch geradezu wie improvisierend –, und auch ziemlich witzig. Das erwies sich aber nicht als Widerspruch, sondern als sinnvoller Auflockerung, wenn es ums Existenzielle geht.