Simon Strauß im Literaturhaus Frankfurt – Sich abmelden

Simon Strauß stellt im Literaturhaus seine Novelle „Zu zweit“ vor – und spricht über das Schreiben.
Anders als es die rapide Effizienz der KI uns dieser Tage vermittelt, ist das Schreiben ein durchaus magischer Vorgang. Der Autor Simon Strauß kam im Gespräch mit Shirin Sojitrawalla im Frankfurter Literaturhaus auf einige dieser Wunderlichkeiten, aber eher nebenbei.
Er erklärte, dass er es vorläufig verheimliche, wenn er schreibe. Dafür eigneten sich Nächte, so Strauß, dafür eigneten sich Ferien, was er brauche, sei das „Abgemeldetsein“ und das leere Blatt Papier – weil die Möglichkeit des Scheiterns, der Langsamkeit gegeben sein müsse. Das klingt vermutlich gemächlicher, als es ist.
Der Autor und sein Lektor
Nachher, auch das wurde deutlich, schaut es ohnehin nüchterner aus. Strauß erzählte, wie überzeugt er dann irgendwann von seinem Konzept sei, der Lektor aber darum noch lange nicht. Man könne also mehrere Nächte nicht schlafen aus Bestürzung über die Kritik an dem, was bis dahin so richtig erschienen sei. Aber: Es sei schon sehr gut, einen Lektor zu haben, auch wenn man ihn hasse. Dieser enge, anstrengende Weg, auf dem man lange alleine sein wird, und es wird nicht angenehmer, wenn man nicht mehr alleine ist, zeigte sich im Literaturhaus geradezu bilderbuchartig. Die anderthalb Stunden mit Simon Strauß sind ein Grund, niemals ein Buch zu schreiben, aber beim Lesen mehr Respekt an den Tag zu legen.
„Zu zweit“ (Klett-Cotta) ist Strauß’ dritte literarische Veröffentlichung, als Journalist (bei der FAZ) und wissenschaftlich erfahrener Autor wird er sich über viele Facetten des Schreibens im Klaren sein. Das literarische sei der Gegenpol zum schnellen, pointierten in der Zeitung, aber auch zum eingekästelten an der Universität, so Strauß. Verlage haben allerdings ebenfalls Regeln, schon die Bezeichnung „Novelle“ für „Zu zweit“ durchzusetzen, sei nicht einfach gewesen (Verlage wollen Romane, Romane, Romane). Durch frühen Kontakt zu Oskar Werners Lesung der Goethe-„Novelle“ habe das Wort für ihn etwas unwiderstehlich „Schützendes“. Und wie man sieht, setzt sich der Verlag nicht immer durch.
Der Text selbst, die vorsichtige Geschichte von zweien in einer katastrophischen Umgebung, zeigte sich bedacht und verschlossen. Fabelhaft, in Strauß’ Sprechen wie im Vortrag mitzubekommen, wie empfindlich, aber doch nicht manieriert alles um eine Geschichte sein kann. Gerade die Empfindlichkeit führt hier zu einem eher zurückhaltenden, milde gehaltenen Ton. Figuren, die keine Namen tragen, die keine Dialoge bekommen. Er habe alles weglassen wollen, was eine Einordnung nahelege, so Strauß mit dem schönen, aber riskanten Bild einer geschälten Zwiebel. Als hätte sie eben doch einen Kern.
Nicht übel hingegen das Rätsel, das Strauß dem Kollektiv in der Beschreibung einer Stadt auf den Weg gab. Niemand kam auf ihren Namen, obwohl die Luft von Ideen schwirrte. Der Autor erzählte, dass einmal eine einzige Person darauf gekommen sei. Uns verriet er es nicht. Brutal.