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Mercedes Rosende: „Falsche Ursula“ – Man darf sie nicht unterschätzen

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Von: Sylvia Staude

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Hier braucht es definitiv Nervennahrung.
Hier braucht es definitiv Nervennahrung. © AFP

Mercedes Rosendes vergnüglicher und chilischarfer Kriminalroman „Falsche Ursula“.

Schon der Titel benennt den Fehler, den die beiden Entführer eines Geschäftsmannes machen: Sie rufen die falsche Ursula mit einer Lösegeldforderung an. Zum Kuddelmuddel kommt hinzu, dass die richtige Ursula zwar bereit ist, Geld zu zahlen – aber für einen anderen Zweck. Die Entführer (zu dem Zeitpunkt eigentlich nur noch: der Entführer) verstehen die Welt nicht mehr; aber immerhin tut das noch einigermaßen die falsche Ursula.

Die uruguayische Schriftstellerin Mercedes Rosende, Trägerin des Liberaturpreises 2019, stellt das Krimigenre beherzt – und satirisch – auf den Kopf. In „Krokodilstränen“ hatten die Gauner Nerven wie Bindfädchen und ging rund um die runde Ursula López schon einmal so ziemlich alles schief. In „Falsche Ursula“ („Mujer equivocada“, 2017) versucht jeder jeden übers Ohr zu hauen, reicht dafür aber hinten und vorne die Cleverness nicht. Indessen Ursula (die falsche) ihre Diät einen um den anderen Tag verschiebt – denn benötigt sie nicht Nervennahrung?

Das Buch

Mercedes Rosende: Falsche Ursula. Kriminalroman. A. d. Span. v. Peter Kultzen. Unionsverlag 2020. 204 S., 18 Euro.

Mit Ursula (der richtigen) verhandelt sie ums Lösegeld und wäre auch bereit, die Bedingungen zu erfüllen. Die Waffe des Rest-Entführers sichert sie sich schon mal, denn der ist ein hoffnungsloses Weichei. Und darauf eine Packung Kekse!

Die in Montevideo lebende Mercedes Rosende stellt eine eigentümliche, aber reizvolle Mischung her. Ursula (die falsche, aber im Sinne der kuriosen Handlung die richtige) schreibt Briefe an ihre „sehr geehrte Nachbarin aus Wohnung 602“, weil deren Pumps-Geklacker sie beim Übersetzen und Nachdenken stört. „PPS: Welche Schuhgröße haben Sie?“ Ursula ringt schwer mit ihrem Gewicht und beginnt eine Gemüsesuppen-Diät – oder jedenfalls kauft sie dafür Zutaten ein. Ursula trifft sich mit dem Rest-Entführer, einem „wirklich sehr schlanken“ Vierzigjährigen, in einer Kneipe, es wird geflirtet, ein bisschen auch über die Sache mit dem Geschäftsmann gesprochen. Am liebsten aber würde sie ihn fragen, mit welcher Diät er so schlank geworden ist.

Eine Krimikomödie mit einer schrägen Heldin. Ein Spannungsroman mit einer traurigen Heldin. Ein sogenannter Frauenroman mit einer Heldin zwischen Frust und I-will-survive-Trotz. Das alles ist, auf bloß 200 Seiten, „Falsche Ursula“. Dazu ein chilischarfes Lesevergnügen, dies vor allem auf Kosten der männlichen Figuren. Mercedes Rosende karikiert sie, manchmal mit recht dickem Strich; aber lieblos ist sie dabei nicht. Überhaupt findet man Ursula anfangs ziemlich unmöglich, doch muss man ihre Coolness bald bewundern. Sie mag rund sein, aber sie zeigt eine Menge Ecken und Kanten.

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