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Max Czollek in Frankfurt – Das Denken kommt nicht zum Ende

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Max Czollek.
Max Czollek. © Imago

Max Czollek gehört zum großen Auftaktabend der neuen Reihe „Worte West“ auf dem Gelände der Frankfurter Milchsackfabrik. Von Johanna Krause

Zum 90. Jahrestag der Bücherverbrennung startet die Reihe „Worte West – Literatur in der Milchsackfabrik“. Die Landungsbrücken, das Tanzhaus West und die Farbenfabrik Dr. Carl Milchsack e.V. haben Autorinnen und Autoren aufs rustikale Gelände der Fabrik eingeladen, hier eine Auswahl ihrer literarischen Werke vorzustellen. An diesem ersten Abend kommt ein junges Publikum zusammen, das den Blick zwischen Lyrik und Gespräch auf poetische Momentaufnahmen aus dem Alltag und die Debatte über deutsche Erinnerungskultur richtet.

Für Lisa Peil ist die Lesung aus ihren Künstlerbüchern „trying to live like an Artist“ und „Aus der Umgebung“ eine Premiere. Seit 2019 arbeitet die studierte Sozialarbeiterin mit Kunst-Diplom mit diesem Medium. Gegenstand des Buches sind eigenständige kleine Kunstwerke aus Illustrationen, Post-its, Fotocollagen, Textfragmenten, malerischen Skizzen: „Das Haus wird abgerissen – / verlassen liegt es in einer eher noch ruhigen Gegend / (...) Mein sicherer Unterschlupf der vergangenen Nacht verwandelt sich binnen Augenblicken zu einem gefährlichen, schutzlosen Ort“. Bild und Text können einander ergänzen, aber auch im Gegensatz zueinander stehen. Zahlreiche asynchrone Gedanken, Erzählungen und ambivalente Emotionen zu alltäglichen Irrungen und Wirrungen kommen zum Ausdruck.

Mühelos verkürzt sich die Wartezeit auf den nächsten Gast. In der Menschentraube wird zwischen Apfelschorle, Zigaretten und Bier angeregt geplaudert. Dann liest Max Czollek Passagen aus seinem Essay „Versöhnungstheater“. Mit silberner Glitzer-Cap liest er kraftvoll aus der „3. Phase“ vor: „Es gibt ein Erinnern, das Vergessen bedeutet“, bemerkt er und kritisiert damit eine Erinnerungspolitik, die sich als deutsche Generationengeschichte lesen lasse – die Opfer rechter Gewalt tauchten in diesen Erzählungen deutscher Erinnerungsgeschichte nicht auf: Jüdinnen und Juden, Afrodeutsche, Migrantinnen und Migranten. Als weiteres Beispiel nennt Czollek die „Erinnerungsarchitektur“: Man lagere die Schreckensgeschichten in die jüdischen Museen und Holocaustgedenkstätten aus und lade stattdessen historische Orte in den Innenstädten mit positivem Gedenken auf. Dazu zählt er auch die geplante Umgestaltung der Paulskirche in Frankfurt.

Czollek beschreibt, wie er betont, Selbstverständlichkeiten von Diversität und postmigrantischen Stimmen in der Literatur – auf der Ebene der Umsetzungen werde jedoch weiterhin gezögert. Das Denken darüber kommt nicht zu einem Ende.

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