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Mathijs Deen: Der Taucher“ – Von durchschnittlichen Mördern

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Von: Sylvia Staude

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Taucher über dem Wrack eines Weltkriegsbombers.
Taucher über dem Wrack eines Weltkriegsbombers. © Boris Horvat/afp

Mathijs Deens zweiter Roman um den freundlichen Küsten- und Meeresermittler Liewe Cupido.

Einer Landratte kann angesichts von Mathijs Deens Kriminalromanen schnell der Kopf schwirren: Zwar ist es nicht wirklich wichtig, dass die Leserin Backbord und Steuerbord unterscheiden kann, es klappt ja schon bei links und rechts nicht immer. Aber: „Rudergänger“, „Fahrstufenregler“, „Achterschiff“, „Schotten“, „Fangdeck“, „Angeldeck“ – na ja, kann man durchwinken, denn auch der zweite Roman des 1962 geborenen Niederländers Deen um den Ermittler Liewe Cupido zieht einen bald so in die Handlung, interessiert bald so sehr für seine Charaktere, dass eine ungefähre Vorstellung der nautischen und Fischerei-Vorgänge genügt.

Hier kommt die Polizei halt mit dem Boot. Hier ist es angemessen und gut, wenn die Ermittelnden nicht nur schwimmen, sondern auch tauchen können. Letzteres besonders in „Der Taucher“, geht es doch um einen unter Wasser ermordeten Mann – allenfalls könnte er noch Suizid begangen haben, aber schwierig, denn seine Handgelenke sind mit Handschellen an einem alten Wrack befestigt. Und er hat offenbar in Wracks nach Dingen gesucht, die sich gut verkaufen ließen.

Mathijs Deen ist ein unaufgeregter Erzähler und hat sich einen unaufgeregten Kommissar ausgedacht. Liewe Cupido kümmert sich zuerst darum, ob er den ihm in Band eins zugelaufenen, äußerst anhänglichen Hund mitnehmen kann in die Arbeit. Dann beginnt er, penibel Details zusammenzutragen, zuzuhören, in Ruhe zu schauen. Cupido ist nicht unbedingt ein Teamplayer, dazu ist er zu wenig mitteilsam, aber das ist auch schon die einzige hervorstechende Eigenschaft dieses Polizisten mit dem originellen Namen.

Es gilt einiges zusammenzutragen, denn irgendwie ist der Sohn des Ermordeten in einen hässlichen Streit mit einem Nachbarsjugendlichen verwickelt, der nun im Krankenhaus liegt und wohl behindert bleiben wird. Aber hat das eine mit dem anderen zu tun? Kann es sein, dass der Vater des Verletzten Rache geübt hat am Vater des Täters? Bei Mathijs Deen wirken alle Figuren so durchschnittlich – durchschnittlich verlogen, durchschnittlich gewaltbereit oder eigentlich eher friedfertig –, dass es wirklich schwer ist, sich für einen Verdächtigen oder eine Verdächtige zu entscheiden.

Das Buch

Mathijs Deen: Der Taucher. Roman. Aus dem Niederl. v. Andreas Ecke. Mare Verlag, Hamburg 2023. 320 S., 22 Euro.

Das gibt auch dem „Taucher“ wieder die Anmutung, aus dem ziemlich normalen Leben erzählt zu sein, obwohl da eher keine Unterwasser-Morde begangen werden. Außerdem von Menschen zu handeln, die nicht immer gut zurecht kommen, die nicht immer die Nettesten, aber eben auch nicht grundböse sind. Leider fanatisch, das schon, wenn etwas gegen ihre Überzeugungen geht. Nach außen wirken sie aber so harmlos, dass es Ermittelnde braucht, die genau hinzusehen vermögen. Die Gespräche führen, die Gesichter zu lesen versuchen, statt den Bad Cop zu spielen.

Sie hütet notfalls den Hund

Und bahnt sich da beim freundlichen, aber scheuen Kommissar Cupido eine kleine Beziehungsgeschichte an? Eine knospende Liebe für Liewe? Zu einer Frau, die einen Bernhardiner hat und ohne zu zögern bereit ist, auch auf seinen Hund aufzupassen? Man wird es hoffentlich im nächsten Roman Deens erfahren, denn zwischen Backbord und Steuerbord, auf dem Sportangelboot oder Küstenmotorschiff kann schließlich noch einiges Kriminelles passieren.

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