Der Lese-Verführer

Carlos Ruiz Zafón schrieb das meistverkaufte spanische Buch nach „Don Quijote“. Am Freitag starb der Autor 55-jährig in Los Angeles.
Sein Roman „Der Schatten des Windes“ gehört in unserem Jahrhundert zu den Ausnahmeerscheinungen. Heute, da die Zahl der Bücher stetig wächst, gibt es immer weniger Titel, die zu einer bestimmten Zeit ganze Generationen erfassen können. Carlos Ruiz Zafón aber hat es geschafft, Selten-Leser zu beglücken und zugleich die Kritik zu überzeugen – mit diesem einen Roman und seinen Folgebänden. Am Freitag ist der Autor im Alter von 55 Jahren in Los Angeles an einer Krebserkrankung gestorben.
Den Tod eines berühmten Schriftstellers so zu kommentieren, dass es für die Buchwelt eine traurige Nachricht sei, bietet sich eigentlich immer an. Doch bei dem Katalanen Carlos Ruiz Zafón passt diese Wendung auf besondere Weise. Sein berühmtester Roman, der im Jahr 2001 auf Spanisch erschienen ist und seither in 36 Sprachen übersetzt und rund 15 Millionen Mal verkauft wurde, hat diese Welt bereichert. Er verwob die Schatten der spanischen Geschichte – den Bürgerkrieg, die Diktatur – mit den Schicksalen seiner Figuren und ihrem Glauben an die Macht der Literatur. Es ist das lebensverändernde Erzählen, das er auf magische Weise feierte: der kleinste gemeinsame Nenner von Lesern aller Bildungsschichten und jeden Alters.
1964 in Barcelona geboren, hat er zunächst als Werbetexter und Journalist gearbeitet. Seine ersten Bücher, die von 1993 an erschienen, richteten sich an ein jugendliches Publikum, „Der Fürst des Nebels“ etwa und „Mitternachtspalast“. Sie spielen mit Geheimnissen und halten mit überraschenden Wendungen die Leser bei Laune.
Die Bücher bleiben lebendig
In Deutschland wurden die vorangegangenen Bücher erst nach dem großen Erfolg von „Der Schatten des Windes“ herausgebracht. Dieser Roman hatte drei Nachfolger mit teilweise demselben Personal. Sie verknüpften ebenfalls wahre Ereignisse und Orte mit Erfundenem und auch sie waren spannend und gut erzählt.
Natürlich ließ sich damit der große Zauber des Riesenerfolgs nicht genauso wiederholen. Doch auf dem Friedhof der vergessenen Bücher landen sie deshalb nicht. Sie bleiben lebendig.