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Ein kleines Schisma

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Von: Susanne Lenz

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Mehr als 200 Schriftstellerinnen und Schriftsteller gründen einen neuen Schriftstellerverband PEN Berlin.

Deniz Yücel will zusammen mit anderen einen PEN schaffen, der keine Bratwurstbude ist: Gegründet werden soll der PEN Berlin am Freitag. Nach dem Streit in der deutschen Sektion der internationalen Schriftstellervereinigung, und dem Rücktritt ihres knapp der Abwahl entgangenen Präsidenten Yücel auf der Jahrestagung im Mai in Gotha haben 231 Autorinnen und Autoren dies angekündigt. Ein Schisma in der deutschen Welt der Literatur.

Eine Homepage gibt es schon, und hier heißt es unter der Überschrift „Über uns“, dass der neue PEN „zeitgemäß und divers“ sein solle, „ohne Präsident:innen und andere Titel“ an der Spitze, stattdessen mit einem paritätisch besetzten Board. Die Mitglieder des PEN Berlin sollen sich in den Dienst der Meinungsfreiheit stellen. Mit Berlin als Namensgeberin beziehe man sich auf den Geist der Stadt, die für Offenheit und Überwindung der Grenzen stehe.

Jeden Satz kann man als Kampfansage gegen den deutschen PEN lesen. So hatte sich der Streit unter anderem an einem Auftritt Yücels entzündet, bei dem er gesagt hatte, er wünsche sich eine Flugverbotszone über der Ukraine. Yücel war nur ein halbes Jahr PEN-Präsident. „Wir mussten heute feststellen, dass unsere Versuche, den deutschen PEN zu einer modernen NGO zu machen und ihm in zeitgemäßer Form seine alte Relevanz als Intellektuellenvereinigung zurückzugeben, von einer Mehrheit nicht gewollt ist“, erklärte er nach dem Rücktritt. Der PEN sei „dominiert von Spießern und Wichtigtuern Ü70, die ihre Mitgliedschaft als Ausweis der eigenen Zugehörigkeit zur publizistischen oder literarischen Elite brauchen“. Verfolgte Autoren würde man auf Kolonialherrenart behandeln. Auch als Bratwurstbude hatte Yücel den deutschen PEN in Gotha bezeichnet.

Seinen Worten lässt er nun Taten folgen. Und es gibt offenbar genug Autoren, die ihm darin zu folgen bereit sind. Unter ihnen sind etwa Eva Menasse, Can Dündar, Seyran Ates, Nora Bossong, Hans Christoph Buch, Elke Schmitter, Ahmad Mansour, Katja Lange-Müller und Jaroslav Rudiš.

Das deutsche PEN-Zentrum zeigte sich der Deutschen Presse-Agentur zufolge am Dienstag gelassen und ordnete die geplante Neugründung zunächst als Ergänzung seiner Arbeit ein. „Wir sehen das als Bereicherung der Arbeit des PEN in dem Bemühen, uns neu aufzustellen“, sagte die Generalsekretärin des PEN mit Sitz in Darmstadt, Claudia Guderian, der dpa. Man wolle den Kontakt suchen. Die Autorinnen und Autoren, die sich zu der Neugründung bekannt hätten, seien überwiegend weiter auch Mitglieder im PEN, so Guderian. Es habe nur sehr, sehr wenige Austritte gegeben. Darüber hinaus habe jeder die Freiheit, einen Verein zu gründen.

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