Aus Raum und Zeit gefallen: „Bruder aller Bilder“
Kleinstadt-Idylle? Von wegen! Der Autor Georg Klein malt ein Bild zwischen Realität und Übersinnlichkeit. Und am Ende gibt es eine Überraschung.
Berlin - Addi Schmuck ist Journalist der alten Schule. Infos erhält er per Festnetz und zu Terminen fährt er mit einem auffällig orangefarbennen Mustang-Cabrio vor.
Der Oldtimer ist doppelt so alt wie die Jungredakteurin Moni, die sich im neuen Roman „Bruder aller Bilder“ von Georg Klein für ihr gemeinsames Lokalblatt an die Fersen des sonderbaren Sportreporters heftet. Zusammen sind sie auf der Spur einer ominösen Geschichte um das örtliche Stadion. Zunächst jedenfalls. Denn die alt-bundesrepublikanische Kleinstadt-Idylle lässt der Autor allmählich aus Zeit und Raum fallen.
Zwar geht der 68-jährige Ostfriese seinen Roman - anders als den Vorgänger „Miakro“, in dem Gebäude ein utopisches Eigenleben bekamen - ungewohnt wirklichkeitsnah an. Doch auch diese Welt öffnet sich nach und nach ins Mystische irgendwo an der Grenze zum Jenseits und der Sphäre zwischen Lebenden und Toten. Seine anfängliche Reporter-Satire füllt Klein mit Motiven und Symbolen, die ein aufmerksames Lesen fordern, doch immer wieder ein Zwinkern hervorrufen.
Mit „Bruder aller Bilder“ legt er keine stringent erzählte Geschichte vor, sondern ein beeindruckendes Spiel aus Erzählkunst zwischen Realitätsnachahmung und Übersinnlichkeit - und mit einer virtuosen Wendung zum Schluss.
- Georg Klein: Bruder aller Bilder, Rowohlt, 272 Seiten, 22,00 Euro, ISBN 978-3-498-03584-6. dpa