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Zum Tod von Peter Weibel – Der Mann, der immer schneller war

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Von: Ingeborg Ruthe

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Januar 2023: Peter Weibel in seinem Büro im ZKM.
Januar 2023: Peter Weibel in seinem Büro im ZKM. © dpa

Ein Pionier der Medienkunst: Zum Tod von Peter Weibel, der fast ein Vierteljahrhundert lang das ZKM Karlsruhe leitete.

Seine Haupteigenschaft sei „die Geschwindigkeit“, sagte Peter Weibel, als ihn jemand fragte, wie er das bloß alles auf einmal schaffe: diese brillanten Konzepte für die Medienkunst, den kompromisslosen Einsatz für das weltweite Renommee und die permanente Weiterentwicklung des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medien (ZKM). Fast ein Vierteljahrhundert diente er der Institution als Direktor, sorgte vor allem für die Öffnung im Blick auf gesellschaftliche, ästhetische, politische Themen, machte das Haus zu einer Drehscheibe digitaler Kunst. Wo immer er auftrat – er war stets auf neuestem Stand.

Und mit diesem sprichwörtlichen Tempo sprach er auch: In rasend schnellen, klaren Sätzen und sprudelnd vor Ideen gab er seine Meinung zu Kunst und Welt kund, begründet seine Ansichten präzise und in der gleichen Geschwindigkeit, wie er Lösungsvorschläge machte. Und er verlor, selbst noch bei unprofessionellster Gegenrede, nie die Contenance und den Humor.

Einmal kam ich in den Genuss auf einer Kunstkonferenz während des glücklosen UN-Klimagipfels 2009 in Kopenhagen. Sein Vorredner und Kollege von der Karlsruher Hochschule für Gestaltung, der Philosoph Peter Sloderdijk, hatte einen sehr langen, etwa kapriziösen Vortrag über das „Raumschiff Erde“, bezugnehmend auf Buckminster-Fullers poetisch-dystopische Schrift, gehalten. Im Publikum rumorte es. Weibel, im karierten Hemd, das Jackett auf der Stuhllehne, brachte die ausschweifende Rede dann mit wenigen, schnell in die Runde geworfenen Sätzen auf den Punkt: Es sei gerade auch die Medienkunst, die der Rettung des Planeten auf direktem Wege dienen müsse.

Derart direkt hatte der im ukrainischen Odessa geborene Österreicher sich schon in jungen Jahren für die fortschrittliche, doch damals noch überaus provokante Performance- und die Videokunst eingesetzt – und zugleich für die Gleichberechtigung der Künstlerinnen, dies ohne den Skandal zu fürchten: So ließ er sich von der Feministin Valie Export 1968 für das berühmte Video „Mappe der Hundigkeit“, am einem Hundehalsband durch Wien spazieren führen. Eine Aktion, die ihm damals ein großer Teil der sich für die Krone der Schöpfung haltenden Männerwelt übelnahm, ihn aber heute auszeichnet.

Peter Weibel lehrte im Laufe seiner Karriere in Wien, Kanada und New York und leitete auch schon das von ihm gegründete Institut für Neue Medien an der Städelschule Frankfurt. Das ZKM dankte ihm für seine Arbeit 2019 mit einer Retrospektive. In 400 Werken war er als Aktions-, Video-, Sound- und Fotokünstler, und als Medien-Wissenschaftler zu erleben.

Am nächsten Sonntag wäre Peter Weibel 79 geworden, aber am Mittwoch ist er nach kurzer schwerer Krankheit in einer Karlsruher Klinik gestorben.

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