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Piet Mondrian in der Fondation Beyeler: Mit den Augen denken

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Von: Peter Iden

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Piet Mondrian: Nr. VI / Komposition Nr. II, 1920. 2021 Mondrian/Holtzman Trust/Foto: Tate
Piet Mondrian: Nr. VI / Komposition Nr. II, 1920. 2021 Mondrian/Holtzman Trust/Foto: Tate © Tate / Tate Images

Piet Mondrian im Museum der Fondation Beyeler in Riehen/Basel.

Im Verlauf der letzten Jahre hat das Museum der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel immer wieder internationale Attraktionen geboten, und zwar mit Werken der weiter zurückliegenden wie der jüngeren Moderne, sagen wir: der Bogen spannte sich von Bonnard bis zu Richter. Die hohe Qualität der Sammlungsbestände des einstigen Basler Galeristen Beyeler ermöglichten Leihgaben aus aller Welt, weil die Fondation auch selber anderen Museen für deren Vorhaben viel zu bieten hatte.

Am Pfingstwochenende herrschte in Riehen nun wieder einmal, bei dreißig Grad, auf der Wiese vor dem Bau des Architekten Renzo Piano wie in den neun Sälen der Ausstellung Hochbetrieb. Präsentiert wurde mit enormer Ausführlichkeit die Entwicklung des niederländischen Malers Piet Mondrian, der nach Anfängen in der Tradition der Landschaftsmalerei im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts mit Kandinski und Malewitsch ein Protagonist des Übergangs der Malerei zur Abstraktion wurde.

Schon seit etwa 1970 sind die Prozesse, die im Werk Mondrians von der Gegenständlichkeit in eine neue Dimension der Kunst führten für die niederländischen Museen in Amsterdam, Otterlo und vor allem für das Gemeentemuseum in Den Haag, das jetzt an der Ausstellung in der Schweiz beteiligt ist, wiederholt ein Thema gewesen. In Riehen werden die Anfänge als Landschaftsmaler nachdrücklich betont – und veranlassen die Überraschung der Gleichzeitigkeit: Mehrmals sind nämlich Landschaften, auffällig etwa im Jahr 1913, das Motiv; und im gleichen Zeitraum beschäftigt sich der Maler, als wäre er ein anderer, mit ganz und gar abstrakten Kompositionen. Beide Positionen sind dermaßen weit voneinander entfernt, dass ihre Herkunft von einer Hand und also auch der Vorgang einer Entwicklung, den die Ausstellung zum Titel hat, „Mondrian Evolution“, kaum möglich erscheinen.

Was beim Betrachten allenfalls gelingt, ist die Identifikation eher beiläufiger Details, die in den Landschaften auf die Abstraktion womöglich hinweisen. So liegen die einsamen Bauernhöfe oft an fließenden Gewässern, es gibt eine Ahnung von Dynamik ebenso wie die Schilderung von Türmen und Windmühlen, auch von Bäumen und Waldstücken, vertikale Strukturen betonen, die etwas antizipieren von der strengen geometrischen Gliederung der abstrakten Bilder.

Es sind diese gegenstandslosen Kompositionen, die Mondrians Ruhm begründen. Er erfindet eine Bildsprache, die sich einzig stützt auf die rechtwinklige Gliederung der weißen Bildfläche durch schwarze Linien, die Felder in den Grundfarben Blau, Rot und Gelb einfassen. Die Farben allein sollen eine Wirklichkeit bedeuten, jenseits von Stimmungswerten und Gefühlen, die von den Abbildungen der Landschaften erzeugt wurden. Es sollten, mit einer Bemerkung des Künstlers, „die Augen sein, die denken“. Dieser theoretische Ansatz hat sich für Mondrian nicht erfüllt.

Wer jetzt in Riehen bewundernd das so Folgenreiche des vor inzwischen einem Jahrhundert entstandenen Neuen erlebt – Mondrian wäre in diesem Jahr 150 geworden – wird bemerken, dass die abstrakten Werke sehr wohl das Gefühl einer Schönheit, auch eines Mutes zu wecken vermögen. Eben doch ein Gefühl. Ohne das keine Kunst. Bis Oktober ist in der Fondation Beyeler Gelegenheit, die Probe an sich selbst zu versuchen.

Fondation Beyeler, Riehen/Basel: bis 9. Oktober. www.fondationbeyeler.ch

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