Die Hölle brennt in Eiseskälte

Bunny Rogers Installation im MMK Zollamt lässt frösteln.
Mit drei Ausstellungen ist Bunny Rogers in ihrer Heimat USA bekannt geworden, darin beschäftigte sie sich mit dem Columbine-Schulmassaker von 1999, die Künstlerin war zu diesem Zeitpunkt Mitte 20. Jetzt ist sie ein paar Jahre älter, derzeit Gastprofessorin an der Städelschule und hat für den besonderen Ort Zollamt des Museums für Moderne Kunst eine Installation erarbeitet, in der es zum ersten Mal überhaupt nicht um Columbine geht, wie sie selbst sagt. „Pectus Excavatum“ (ausgehöhltes Herz) entstand im Rahmen der Frankfurter Positionen, die in diesem Jahr das Motto haben „Grenzen der Verständigung“.
So unmittelbar wirkt Bunny Rogers’ Installation, dass es ihr womöglich vor allem um ein empathisches Verstehen geht, um eine Offenheit für und ein Aufnehmen der Stimmung vor allem im großen Zollamts-Raum, dessen Fenster sie nach einem bestimmten Farbspektrum beklebt hat (sie gibt an, die Farbtöne beim Videospiel „Minecraft“ gefunden zu haben), in dem sie außerdem auf beiden Längsseiten einen Metallzaun aufgebaut hat, der zwar ähnlich dem des Städels ist, aber „ein bisschen angsteinflößender“ (Rogers). Vereinzelt hängen dunkle Bänder am Zaun wie Trauerbänder.

Den größten Einfluss auf jeden Eintretenden aber haben Düsternis und Kälte – und in der Düsternis und Kälte die geheimnisvoll leuchtende Silikon-Nachbildung eines Riesenkalmars, mit Saugnäpfen wie Müslischalen, und ein weißleuchtender Eisberg, der nicht nur tatsächlich aus Eis ist, sondern auch ausdrücklich angefasst werden darf. Es geht ums Wahrnehmen mit allen Sinnen. Bunny Rogers weist beim Presserundgang zum Beispiel auch darauf hin, dass der Metallzaun riecht; allerdings muss man sich als Mensch mit Durchschnittsnase konzentrieren, um das zu erschnuppern.
Bunny Rogers bezieht einen Großteil ihrer Inspiration aus dem Internet, im Laufe der Jahre hat sie sich eine Vielzahl an Avataren geschaffen. Von den Lebewesen, die sich in der Tiefe des Meeres bewegen, aber war sie offenbar schon als Kind fasziniert. Speziell vom Riesenkalmar, der so weit unten lebt, dass er immer schon tot ist, wenn wir ihn zu Gesicht bekommen.
Der Wischmopp als Zombie
Rogers’ Nachbildung beeindruckt durch ihre Größe – die ein oder andere Wasserpfütze suggeriert gar, dass das Tier frisch aus dem Meer kam –, sie hat aber doch auch etwas von einem riesigen „Zombie Mop“, den Wischmopps, von denen die Künstlerin drei in einem kleinen Raum gleich neben dem Eingang platziert hat. Ähnlich wie Vogelscheuchen sind diese Mopps für Rogers Symbole der Einsamkeit. Sie umwickelt die Stiele teilweise mit zerrissenen Kleidungsstücken (Abgelegtes von Ex-Liebhabern), lehnt die Putzgeräte an die Wand, gibt ihnen eine Aura. Manchmal sind es dann „Mourning Mops“, Trauermopps.
Auch die Flammen der Hölle werden von Bunny Rogers spielerisch beschworen, aber auch von ihnen geht im kühlschrankkalten Zollamt keine Wärme aus. Ein kalter Luftzug lässt rote Bänder flattern (und gegenüber blaue Bänder), dahinter ist eine Holzscheibe mit drei springenden Hasen platziert: „Three Hares Mandala“.
Das künstlerische Universum der Amerikanerin mag sich vom Thema Columbine gelöst haben, „Pectus Excavatum“ ist dennoch eine leicht gespenstische, geisterhafte Installation, in der selbst ein graues Schlänglein an der Wand (bei den Mopps) irgendwie bedrohlich wirkt. Und in der selbst Hasen eher keine Symbole für Fruchtbarkeit und neues Leben sind. Still steht das Mandala-Rad, während in der großen Halle der Eisberg unmerklich schmilzt und der Riesenkalmar ein Menetekel unserer Zukunft zu sein scheint.
Termine
MMK Zollamt, Frankfurt: bis 28. April. www.mmk.art