Amsterdams Hermitage: Noch ein symbolischer Buchstabe

Die Amsterdamer Hermitage hat mit Russland Schluss gemacht und nennt sich jetzt „Dutch Heritage“.
Peter der Große verliebte sich 1697 in Holland. Er lernte Schiffe bauen, wurde Zimmermann, studierte in Amsterdam Anatomie, Buchdruck, Botanik. Seine Neugier war unersättlich. Auch auf die Kunst des „Goldenen Zeitalters“. Er kaufte für 80 Gulden Rembrandts „David nimmt Abschied von Jonathan“ und nahm es mit für die Eremitage.
In den Niederlanden hinterließ der Zar Spuren. Eine davon ist die Amsterdamer Hermitage, ein privates Museum in einem schönen Palais. Und mit einem bemerkenswerten Architrav direkt an der Amstel. Es war sozusagen die kleine westliche Dependance der Eremitage St. Petersburg. Und so trafen Menschen hier – oftmals unerwartet – auf Schätze der Weltkunst aus dem Museum an der Newa und zugleich auf ein anschauliches Stück russischer Kulturgeschichte.
Dieses Band der Beziehungen erwies sich viele Jahre lang ebenso elastisch wie fruchtbar. 2009 hatten es Königin Beatrix und der damalige russische Präsident Medwedew mit großen Hoffnungen geknüpft. Jetzt aber hat Putins Aggressionskrieg in der Ukraine das Band überdehnt, und die Bilder seiner Kriegsverbrechen haben es zum Zerreißen gebracht. Die privaten Betreiber der Hermitage Amsterdam kündigten empört und entsetzt die Kooperation mit der Eremitage, also mit Russland auf, obwohl erst zu Jahresbeginn eine große Ausstellung mit Malwitsch und der russischen Avantgarde, mit Werken aus St. Petersburg ausgerichtet wurde. Bekräftigt wird das mit Symbolik. Die Amsterdamer streichen das „m“ aus dem Namen des Museums, ab sofort heißt es „Dutch Heritage“.
Das Museum gefährdet ohne die stets publikumsmagnetischen Petersburger Leihgaben freilich seine Existenz. Doch es betont nichtsdestotrotz, dieser Bruch sei unausweichlich, wenn man sich nicht mitschuldig machen wolle. Die Leitung der St. Petersburger Eremitage macht bis dato keinerlei Anstalten, sich zu Putins Krieg gegen die Ukraine zu stellen.
Umstandslos solidarisch
Mit umstandsloser Solidarität reagierte zuerst das Rijksmuseum; es leiht der Heritage eine seiner bislang fast nie von der Wand im „Allerheiligsten“ des staatlichen Schatzhauses genommenen Ikonen: Vermeers „Milchmädchen“ von 1660. Rund um das zentral platzierte Gemälde wurde eine Schau mit weitgehenden Erläuterungen, Farbgebrauch, Forschungsergebnissen und der Geschichte des Kunstwerks arrangiert. Das Rijksmuseum stellte dafür Fachleute und Technik zur Verfügung. So kann Vermeers Bild dem Publikum unter vielen Aspekten nahegebracht werden.
Auch weitere niederländische Museen haben bekundet, helfen zu wollen. Annabelle Bernie, Direktorin von Dutch Heritage, zeigt sich ebenso überrascht wie dankbar. Vorsichtig macht sie Pläne, mit dieser Partnerschaft aus dem eigenen Land mit Leihgaben eine Ausstellungsserie zu machen. Damit ihr Museum an der Amstel weiter bestehen kann.