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Hilary Hahn in der Alten Oper: Die Heimkehr des finnischen Helden

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Von: Bernhard Uske

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Das L’Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI und Hilary Hahn mit Ravel und Sibelius in der Alten Oper Frankfurt.

Mit einem klangfarblich wenig bietenden Komponisten begann das Gastspiel des L’Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI bei Pro Arte in der Alten Oper. Mit einem der größten Instrumentatoren der Musikgeschichte endete es.

Die Rede ist von Maurice Ravel und Jean Sibelius, mit dessen vierter Legende aus der „Lemminkäinen-Suite“ (1895) das italienische Orchester – 1994 entstanden aus dem Zusammenschluss der einst vier Rundfunkorchester Italiens – das Konzert begann. Unter der Leitung von Robert Trevino, eines 37-jährigen US-Amerikaners, der mit knalliger Vehemenz die triumphale Heimkehr des finnischen Sagenhelden Lemminkäinen blechscheppernd vorbeiziehen ließ. Das farblich magere Tutti bot außer schrillem und entsprechend hohl wirkendem Trara eigentlich nichts.

Das änderte sich bei dem zehn Jahre nach dem Legenden-Zyklus entstandenen Violinkonzert in d-Moll des finnischen Nationalkomponisten, der hier seinem Faible für die Geige, die er selbst einst als Virtuose zu spielen gedachte, eine Solo-Stimme schrieb, die keine Wünsche offen ließ. Hilary Hahn, die 41-jährige US-Amerikanerin, war die Glückliche, die diese Paraderolle in Frankfurt spielen konnte.

In einem aparten Verhältnis zweifellos zu dem Duktus ihres Parts, der oft über dem orchestralen Geschehen dahinziehend, sich mit starkem und voluminösem Strich erfahrungsgemäß immer trefflich verbreiten kann. Hahn dagegen bevorzugt einen leichten, ziselierten, wenn auch festen und beherrschten Ton, dessen Schlankheit einen Kontrapunkt zum Sibelius-Tutti darstellt. Im letzten Satz, einem heftigen Tanz-Kehraus, kamen die orchestrale Masse und die zarte Einzelne im rhythmischen Sog trefflich überein und lösten beim Publikum Begeisterungsstürme aus.

Nach der Pause dann Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ in der Orchestrierung von Maurice Ravel. Das war eine hinreißende Darbietung, schafften es doch Dirigent und Musiker, das sinn- und farbenreiche Klanggeschehen, wie es das baskische Instrumentationsgenie zuwege brachte, seinerseits noch einmal zu russifizieren. Als sei der Bilderreigen eine Art Kurzfassung der gigantischen, in Düsternis und bedrückender Dynamik blendenden Opern „Boris Godunow“ und „Chowanschtschina“, so stark rückten das Harte und Starre, das Bohrende und Kantige dieser Interpretation dem Publikum auf den Leib. Die Qualität des Mussorgsky-Brutalismus, in grellfarbiger und in stimmungshaft wüster Fasson, war eine Offenbarung.

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