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Yad Vashem
„Yad Vashem würde verhöhnt“
- vonInge Güntherschließen
750 Holocaust-Experten unterschreiben eine Petition gegen die Ernennung Effie Eitams zum Vorsitzenden der Gedenkstätte.
Die Nominierung von Effie Eitam, einem als rechtsextrem eingestuften israelischen Politiker, zum neuen Vorsitzenden der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem stößt international auf massiven Widerspruch. Dem Protest gegen den von Israels Premier Benjamin Netanjahu favorisierten Kandidaten haben sich 750 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus jüdischen Museen sowie namhaften Bildungs- und Forschungsinstituten angeschlossen. In ihrer gemeinsamen Erklärung wenden sie sich „in scharfer Form gegen diesen beunruhigenden Schritt, der eine der wichtigsten Memorialeinrichtungen zum Holocaust in der Welt für einseitige politische Interessen zu instrumentalisieren droht“.
Initiiert wurde der Appell unter anderem von Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems in Österreich, und Cilly Kugelmann, Chefkuratorin der Dauerausstellung des Jüdischen Museums in Berlin. Auf der Liste der Unterzeichner finden sich führende Namen, die in Europa, aber auch in den USA, Kanada, Australien, der Türkei und Südafrika ähnliche Institutionen leiten oder sich mit Studien zum Antisemitismus, der NS-Geschichte und der Shoah hervorgetan haben. Ebenso unterstützt Andreas Nachama, Präsident der Rabbinerkonferenz in Deutschland, den Protest.
Vor allem aber dürfte der Netanjahu-Regierung Druck machen, dass sich die Freundeskreise von Yad Vashem in Liechtenstein und der Schweiz hinter den Appell gestellt haben, zwei Organisationen, die die Jerusalemer Gedenkstätte finanziell fördern. Seit Ausbruch der Pandemie blieb Yad Vashem für Besucher geschlossen. Die Finanzlage gilt als prekär. Das Jahresbudget von etwa 50 Millionen Euro wird zur Hälfte aus ausländischen Spenden gedeckt.
Minister-Veto erhofft
Der Personalausschuss der israelischen Regierung hat der Ernennung von Eitam, der für einen palästinensischen Bevölkerungstransfer und den Entzug von Bürgerrechten arabischer Israelis eintritt, vergangene Woche zwar zugestimmt. Aber das Kabinettsvotum steht aus. Laut „Haaretz“ erwägt Verteidigungsminister Benny Gantz, selber ein Sohn von Holocaust-Überlebenden, ein Veto einzulegen.
Darauf hoffen offenbar auch die 750, die die an den Yad-Vashem-Stiftungsrat und die Knesset-Abgeordneten gerichtete Petition unterzeichnet haben. Eitam zum Vorstand zu ernennen, heißt es darin, „würde eine international respektierte Institution, die sich der Dokumentation von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und dem Streben nach Menschenrechten widmet, verhöhnen und zu einer Schande machen.“